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Kirchenglocken und der Ruf des Muezzin in Köln

Von Peter Haisenko 

Die Stadt Köln hat jetzt genehmigt, dass der Muezzin über Lautsprecher zum Gebet rufen darf. Unter Auflagen. Ganz gleich, wie das begründet werden soll, stellt sich die Frage, ob das zeitgemäß sein kann. Genauso wie das Läuten der Kirchenglocken.

Es war der 26. Februar 1977, morgens um vier Uhr in Kairo, als ich die Neutralität der Elektronik verfluchte. Nach einer grauenhaften und zu kurzen Nacht hatte mich der Ruf des Muezzin aus dem Schlaf gerissen, der aus einem Lautsprecher krähte. Ich wälzte den Gedanken, ob es richtig sein kann, wenn sich Leute einer Technik bedienen, die sie weder erfunden haben noch beherrschen. Vor allem dann, wenn sie damit Menschen quälen, die zu denen gehören, die es erfunden haben. Nun gut, dieser Gedanke entsprang der Überlegung, dass es wohl gnädiger wäre, wenn dieser Muezzin nur mit der Kraft seiner Stimme sein Gedudel verbreiten könnte. Heute lebe ich auf Augenhöhe mit Kirchturmglocken.

Glocken waren über Jahrhunderte das mächtigste Instrument zur Erzeugung von Tönen. Nur Kanonendonner konnte die Lautstärke übertreffen. Kein Wunder also, dass sich die Kirchen dieses mächtigen Instruments bedienten. Mit fortschreitender Technik wurde die Orgel erfunden und sie war in der Rangfolge der mächtigen Töne direkt hinter den Glocken. So ist es nur folgerichtig, dass auch dieses Instrument vor allem in Kirchen zu finden ist. Allerdings hatten die Glocken auch die Aufgabe zugewiesen bekommen, Ordnung in das geschäftige Leben zu bringen. Sie verkündeten die Tageszeit oder eben andere Ereignisse, die zu einer bestimmten Zeit angesagt sind. Wegen ihrer überragenden Lautstärke konnten sie ihre Botschaft weit ins Land rufen in einer Zeit, die außerhalb des städtischen Trubels eher von Stille geprägt war. So wurde das Leben vom Klang der Glocken getaktet und organisiert. Das haben die Kirchenglocken mit dem Ruf des Muezzins gemein. Sie sind nur lauter, mächtiger.

Moderne Technik mach Glockengeläut in vielerlei Hinsicht unnötig

Mit dem beginnenden 20. Jahrhundert kam ein neues Signalgerät zum Einsatz: Die Sirenen. Sie übernahmen die Funktion der Feuerglocken, die noch heute auf manchen Höfen in Bergregionen zu sehen sind. Während der 1960-er Jahre wurde der Betrieb der Feuersirenen umgestellt auf den “stillen Alarm”. Die Männer der freiwilligen Feuerwehr wurden jetzt per Funksignal alarmiert, auch um Irritationen der Bevölkerung zu vermeiden. Die Älteren hatten noch zu viele Assoziationen mit den Bombenalarmen der Kriegszeit. Heutzutage ist es ungewöhnlich, Sirenenalarme zu hören. Die fortschreitende Technik bietet einfach bessere Methoden, Menschen zu warnen und alarmieren. Die Kirchenglocken sind davon nicht betroffen. Warum eigentlich?

Der Besitz von Uhren war lange Zeit ein Privileg für Begüterte. So war man darauf angewiesen, Zeitsignale von den Kirchenglocken zu erhalten. Für die Mittagspause, das Ende der Tagesarbeit, die Arbeitsruhe am Wochenende und natürlich um sich rechtzeitig auf den Weg zur Messe zu machen. Letztere Funktion gilt analog für den Ruf des Muezzins. In der heutigen Zeit aber ist man umgeben von Zeitanzeigen und niemand kann behaupten, er hätte nicht wissen können, wie spät es ist. So kann man feststellen, dass der stündliche oder gar viertelstündliche Glockenschlag keine Notwendigkeit mehr ist, um den Tag der Menschen zu strukturieren. Auch das Geläut vor dem Gottesdienst ist eigentlich überflüssig. Übrig bleibt rituelles Geläut im Rahmen der Messen.

Wie überflüssig die Stundenschläge geworden sind, mag man daran ermessen, dass gerade in urbanen Bereichen ebendiese des Nachts eingestellt worden sind. Eben weil sie keine Funktion mehr haben und des Nachts als lästig, störend empfunden werden. Die Nachtruhe der Glocken geht meist von 21:00 oder 22:00 Uhr bis Morgens um sieben oder acht. Wenn ich darüber zu befinden hätte, würde ich die Stundenschläge ganz einstellen. Manch einer mag das als “traditionsvergessen” bezeichnen, aber in einer Zeit, in der wir unter allgegenwärtigem Lärm leiden, wäre das eine Geräuschquelle weniger.

Selbst Muslime erkennen Frau Rekers Symbolpolitik

So oder so, das Geläut ist ebenso rezessiv wie die Anzahl der Kirchensteuerzahler. Der mächtige Klang der Glocken wird schon lange von Lautsprechern übertroffen. Der Stellenwert der Glocken ist nicht mehr zeitgemäß und just da wird der Ruf des Muezzin erlaubt. Den darf dieser natürlich mit Hilfe eines Lautsprechers verstärken. Momentan ist er auf die Nachmittagsstunden beschränkt, aber wenn man sich die Begründung der Stadt Köln ansieht, ist der Weg nicht mehr allzu fern, dass auch wir in Deutschland morgens zum Sonnenaufgang mit arabischem Geheul aus dem Schlaf gerissen werden. Hier bin ich an einem Punkt, den ich bezüglich des Islam schon öfters angeführt habe: Er ist für unsere Breiten nicht geeignet. Das beginnt mit dem Ramadan, während dessen das Essen und Trinken bei Tageslicht nicht erlaubt ist. In einer nördlichen oder südlichen Breite größer 67 Grad müsste die Nahrungsaufnahme für die ganzen vier Wochen eingestellt werden, denn die Sonne geht im Sommer nicht mehr unter. Oder er ist nicht anwendbar, weil die Sonne gar nicht scheint.

Aber zurück zur Argumentation der Stadt Köln. Dort heißt es: „Während in christlichen Kirchen die Glocken geläutet werden, um die Gläubigen zum gemeinsamen Gottesdienst zu rufen, sind es in den Moscheen muslimischer Glaubensgemeinschaften die Rufe des Muezzins, die diesen Zweck erfüllen“, hieß es in der Mitteilung der Stadt. Seit vielen Jahren sei der Islam, wie viele andere Religionen auch, ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft, so dass auch die Frage der Erlaubnis der Gebetsrufe an den Moscheen bundesweit immer wieder diskutiert werde. „Der Untergang des Abendlandes ist das nicht“, kommentiert SWR-Fachredakteur Mark Kleber den wenige Minuten dauernden Muezzinruf am Freitagnachmittag. Ob man das wirklich so sehen darf?

Schließlich beginnt der Ruf des Muezzin mit einer Lobpreisung des islamischen Gotts Allah, der als der größte und einzig wahre gepriesen wird. Kann das mit einer Gemeinschaft der Christen vereinbar sein, deren Glauben immer noch die Kultur des Abendlandes bestimmt? Wohingegen der Anteil mehr oder weniger muslimisch Gläubiger keine sechs Prozent ausmacht? Da haben selbst Muslime erkannt, dass es sich hier um die nächste Symbolpolitik handelt, um “Weltoffenheit” zu demonstrieren. So twittert Ahmad Mansour: “Die ganze Aktion ist nur naive Symbolpolitik, die die Akzeptanz von Muslimen nicht stärken, sondern zu mehr Spaltung in unserer Gesellschaft führen wird. Der #Moschee geht es, meiner Meinung nach, nur um Sichtbarkeit und Machtdemonstration.”

Die aus einem muslimischen Land geflüchtete Shammi Haque geht da noch weiter: “Der #Muezzinruf erinnert mich an Folter, Hetze und Blut. In einem säkularen Land sollte eine Stadt es nicht erlauben, jede Woche freitags „#Allah ist größer“ zu schreien. Das wollten wir nicht mehr hören, deswegen sind wir hierher geflüchtet!” Angesichts dessen kann man zu der Kölner Aktion nur sagen: Gut gemeint ist das Gegenteil von gekonnt! Mich selbst würde der Ruf des Muezzin an die grausame Nacht in Kairo erinnern und an viele andere Entbehrungen, die ich beim Aufenthalt in muslimischen Ländern auf mich nehmen musste, wegen der Religionsregeln. Aber letztlich geht es mir um etwas anderes.

Die Zeiten der Missionierung sind beendet

In der Gegenwart gibt es mit Smartphones und Internet genügend Kommunikationsmittel, Gläubige aller Religionen an ihre Pflichten zu erinnern. Kirchenglocken und Muezzinrufe aus Lautsprechern sind obsolet. Auch sind die Zeiten der Missionierung beendet, als man “Wilden” mit dem mächtigen Klang von Glocken die Macht des eigenen Gottes demonstrieren wollte. Für einen laizistischen Staat wie Deutschland ist es nicht mehr zeitgemäß, dass verschiedene Religionen ihre Lehre mit lauten Geräuschen hervorheben. Vor allem dann, wenn es sich um eine kleine Minderheit handelt und diese “Verlautbarungen” eine Mehrheit belästigen. Mit den Kirchenglocken hingegen handelt es sich um uralte Traditionen, die in unserer Kultur verankert sind, weswegen ich nicht gegen das Geläut protestieren will.

Wer also in der Gegenwart seiner Religion huldigen möchte, ganz gleich welcher, der kann seinen Satelliten-Fernseher so einstellen, dass er die Rufe zum Gebet direkt vom Ursprung erhalten kann. Inklusive einer Ansprache in der Sprache, die zu dieser Religion gehört. Dass das Ganze nicht förderlich ist für die hochgerühmte “Integration”, schon gar nicht für Assimilierung oder Sprachkompetenz im Gastland, ist selbsterklärend. Für mein Verständnis von Toleranz ist es mehr als ausreichend, wenn Gotteshäuser fremder Religionen errichtet werden dürfen, deren Türme und Minarette weit in den Himmel ragen und so ihre Präsenz überdeutlich demonstrieren.

Unzulässig erachte ich aber, wenn per Lautsprecher verkündet werden darf, dass der Gott einer kleinen Minderheit der einzig wahre und größte sei. Noch dazu mit Hilfe einer Technik, die ihnen ihr größter und einziger Gott nicht erfinden ließ. Mit einer Technik, die genau von denjenigen übernommen worden ist, die von ihrer Religion als minderwertig bezeichnet, ja zum Töten freigegeben worden ist. Das erinnert mich an Zeiten, als der Islam die bekannte Welt missionieren wollte, und ich verachte Politiker, die in Verleugnung ihrer Wurzeln genau das fördern. So kann ich mich nur der Dame Shammi Haque anschließen, denn als Reisender in vielen muslimischen Ländern habe ich mir immer gedacht, wie angenehm es ist, dass ich den Muezzinrufen in der Heimat nicht ausgesetzt bin. Ach ja, keiner der selbsthassenden Politiker, die den Ruf des Muezzin jetzt in Köln erlauben, hat sich dafür die Zustimmung der Bürger eingeholt. Meine haben sie nicht. 

Weil das Thema kontrovers ist, stellen wir noch eine weitere Betrachtung zur Verfügung: Wird der Einflus Erdogans auf die in Deutschland lebenden Muslime durch den Akt in Köln gefördert? 
Allahu-akbar – Der Schlachtruf der Islamisten tönt jetzt von den Minaretten in Köln

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