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Der Neubau ist teuer geworden – warum?
Von Sigrid Petersen
Ich habe keine Antwort, vorerst jedenfalls. Natürlich gibt es viele Teilantworten, aber nach näherer Untersuchung führen diese nicht zum dem Ergebnis, das uns vorliegt.
Neubaukosten deutlich kräftiger gestiegen als Bauen im Bestand
Wertet man die Daten von „destatis“ zur „Statistik Baufertigstellungen“ aus, ist das Ergebnis, dass der Neubau (konventionelle Bauweise) sich seit 2015 um ca. 57% verteuert hat, aber davon allein in den Jahren seit 2020 um 34%. Die Herstellungskosten von Wohnraum im Bestand haben sich in den selben Zeiträumen um 21% (seit 2015) und 13% seit 2020 erhöht. Nun taucht unweigerlich die Frage auf, worin dieser eklatante Unterschied in der Teuerungsrate liegen mag. Denn auch wenn das Arbeiten im Bestand allgemein zu einem höheren Quadratmeterpreis führt – es muss immer erst abgebaut werden, bevor aufgebaut werden kann – müsste diese Teuerungsrate doch auch hier ablesbar sein.
Preisentwicklungen am Bau
Überprüft man nun die Entwicklung der Löhne am Bau, der Preisindizes für Baustoffe oder auch die Kostenentwicklung im Bereich Energie …. man findet hier keine Antwort. Die Entwicklung der Kosten für baureifes Land ist in den Baukosten nicht enthalten.
In der folgend abgebildeten Grafik sind die genannten Kostensteigerungen der Jahre 2015-2025 aufgezeichnet. Die Kostenentwicklung im Bestand läuft sehr korreliert zur Kostenentwicklung der Lohnkosten und auch die Kostenanteile durch Energiepreissteigerungen aus dem Erzeugerpreisindex lassen sich ablesen.
Für den Neubau gilt das nicht. Hier könnte man die Energiepreise bis 2022 als Kostentreiber ausmachen. Nach 2022 allerdings nicht mehr. Nun könnte man behaupten, dass das Baugewerbe verzögert auf die Preisentwicklung bis 2022 reagiert hat und in den Folgejahren Mindereinnahmen wieder gut machen musste. Dieses stellt sich als Fehlüberlegung heraus, wenn destatis heute bekannt gibt, dass die Baupreise 2025 gegenüber dem Vorjahr um weitere 3,2% gestiegen seien.
Hier nun zur Grafik:
Ausgangspunkt für die vorliegende Grafik sind die gestiegenen Baukosten für Wohnraum im Neubau im Vergleich zu den gestiegenen Baukosten für das Bauen im Bestand – jeweils die dicke blaue und rote Linie. Um diese Kosten herum gliedern sich die Steigerungsraten für Lohn-, Baustoff- und Energiekosten. Die Kosten für baureifes Land, die auch in der Grafik dargestellt sind, sind in den Baukosten nicht enthalten.
Dazu destatis: „In Deutschland sind die Baupreise und Immobilienpreise zwischen 2010 und 2022 stark gestiegen. Diese Preisentwicklung hängt von vielen demografischen und wirtschaftlichen Faktoren ab. Zum Beispiel führen eine wachsende Bevölkerung, ein knappes Angebot an Immobilien und niedrige Zinsen zu steigenden Preisen. Die Entwicklung der Bau- und Immobilienpreise beobachten wir mit verschiedenen Indizes.“
In den Baupreisen – also Errichtung des Gebäudes - sind Teuerungsfaktoren wie „knappes Angebot“ oder „niedrige Zinsen“ allerdings nicht enthalten. Diese verteuern die Immobilie beim Verkauf. Als Argument für die stark gestiegenen Kosten im Neubau ist eine solche Aussage Augenwischerei oder besser: Ablenkung von der eigentlichen Ursache.
Kommen wir zu einem anderen Thema – Gesetze!
Gebäudeenergiegesetz (GEG) – liegt hier eine Erklärung für die unterschiedliche Kostensteigerung?
Immerhin steht in §47 Abs. 4 GEG, nachdem in den vorhergehenden Absätzen Mindestanforderungen formuliert sind, folgender Absatz: Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit die für eine Nachrüstung erforderlichen Aufwendungen durch die eintretenden Einsparungen nicht innerhalb angemessener Frist erwirtschaftet werden können (hier). Tja, und das ist in der Regel der Fall! (siehe auch hier)
Das heißt noch immer, dass man beim Bauen im Bestand in Bezug auf zum Beispiel exorbitante Dämmstoffdicken oder überhaupt auf gewisse Dämmungen verzichten kann, wenn der Einbauaufwand zu hoch (teuer und unwirtschaftlich) wird. Das kann bei einer Neuplanung nicht der Fall sein. Auch eine teure Wärmepumpe macht meist keinen Sinn, wie auch Dreifachverglasungen. Und: eine Wärmepumpe ist drei Mal teurer als eine Gasheizung, auch wenn die Fördersumme praktisch vom Nachbarn bezahlt wird. Bezahlt wird sie.
Für den Neubau gilt seit 2020: „Ab 2021 sollen alle Neubauten Niedrigst(!)energiestandard aufweisen“ (Hervorhebung d.d. Autor)
Also, wenn in den in der Grafik dargestellten Preisentwicklungen nicht die Begründung für die sich stärker entwickelnde Teuerungsrate im Neubau finden lässt, kann man sie eigentlich nur im Mehraufwand wiederfinden, der durch Gesetze – hier das Gebäudeenergiegesetz - erzwungen wird.
Die Zahlen zeigen uns, dass die Baupreise für den Neubau seit 2015 um 36% mehr gestiegen sind als für das Bauen im Bestand.
Ein Einfamilienhaus, das bei gleicher Teuerung wie im Bestand heute 360.000, € kosten würde, kostet real heute um 470.000,-€. Inklusive Grundstückskosten will man sich das gar nicht erst ausrechnen. Solch eine Hausnummer schließt die meisten Menschen als künftige Wohnungs- oder Hauseigentümer wohl aus. Wohneigentum ist zum Traum der sehr gut verdienenden geworden.
Aber wir sollen ja nichts mehr besitzen und trotzdem glücklich sein. Na dann!
Anhang
Und nun noch einmal zu den sagenumwobenen Energieeinsparungen durch die Gesetzgebungen der letzen Jahre und letztlich Jahrzehnte. Der Heizenergieverbrauch hat zwischen 2010 und 2021 je m² Wohnfläche um keine 6% abgenommen. Trotz aller Energieeinsparverordnungen und GEG.
Einschlägig abgenommen hat allerdings der Verbrauch seit 2021. Hier bis zum Jahr 2023 um mehr als 14%. Die Ursache für diese Energfieeinsparungen macht die folgende Grafik wohl recht deutlich, denn die Preise für Gas und Strom sind ab 2021 dutlich gestiegen.
Abgesehen davon, natürlich, dass die letzten zwei, drei Winter lt. verschiedener Pressemitteilungen auch zu(!) warm waren.
Aber … um was mache ich mir eigentlich noch Gedanken!
Demnächst wird hier gar nicht mehr gebaut!!
https://geg-info.de/geg/047_%C2%A7_nachruestung_bestehende_gebaude.htm
https://www.anderweltonline.com/wissenschaft-und-technik/wissenschaft-und-technik-2024/enttaeuschte-erwartungen-bei-der-energetischen-sanierung-von-gebaeuden/






