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Lohnobergrenze? Alter Hut!

Von Peter Haisenko

Als die Soziale Marktwirtschaft in Deutschland noch das Prädikat „sozial“ zu Recht führen konnte, gab es eine allgemein anerkannte freiwillige Regel für Spitzengehälter. Das Einkommen eines Vorstands sollte das 40-fache des Lohns der niedrigsten Lohngruppe im Konzern nicht übertreffen. Diese Übereinkunft war vernünftig aber leider nur freiwillig.

Mit dem Fall der Sowjetunion war es nicht mehr notwendig den Nachweis zu erbringen, dass der Kapitalismus für die Menschen das bessere System ist. Der Kapitalismus hatte gesiegt und konnte sich jetzt mit der Globalisierung zum Turbokapitalismus entwickeln. Wegen des fehlenden Wettbewerbs zum Kommunismus sind die sozialen Komponenten des Kapitalismus mehr und mehr ad Acta gelegt worden. Die ungezügelte Gier hat das Regiment übernommen und Spitzengehälter sind ins Unermessliche gestiegen.

Immer wenn Gier „freiwillig“ gezügelt wird, hält diese Selbstbeschränkung nur so lange, bis der Grund für die „Freiwilligkeit“ entfallen ist. Freiwilligkeit ist in diesem Zusammenhang eine dumme Illusion. Nur ein strafbewehrtes Gesetz kann die Gier sozialverträglich zügeln und so den sozialen Frieden sichern.

Betrachten wir einige Zahlen:

Realistisch sind (echte!) Arbeitszeiten von mehr als 60 Stunden die Woche nicht möglich. Das ergibt eine Jahresarbeitszeit – ohne Urlaub! - von etwa 3.000 Stunden im Jahr. Der Spitzenverdiener Winterkorn von VW erhält also mit seinem Salär von 17 Millionen pro Jahr einen Stundenlohn von etwa € 5.000,-. Das ist 1.000 mal mehr, als eine Zeitarbeitskraft in niedriger Position erhält.

Die Frage ist zu stellen, ob tatsächlich ein einzelner Mensch 1.000 mal mehr leisten kann als ein anderer. Zu beachten ist dabei, dass auch Herr Winterkorn mit einem Tross ähnlich hochbezahlter Zuarbeiter umgeben ist, ohne die er nicht arbeiten könnte. Das relativiert seine persönliche Leistung.

Meine Forderung ist, per gesetzlicher Regelung zu einer vernünftigen Verhältnismässigkeit zurückzukehren. Das Einkommen eines Vorstands sollte auf das 50-fache des niedrigsten Lohns im Konzern beschränkt werden.

In Deutschland kann niemand menschenwürdig leben mit einem Einkommen unter € 20.000,- pro Jahr. Das bedeutet, dass das Einkommen eines Vorstands auch mindestens eine Million Euro betragen kann. Wer damit nicht auskommt, macht definitiv etwas falsch.

Die Koppelung der Vorstandsgehälter an die niedrigste Lohngruppe würde die Diskussionen über Mindestlöhne überflüssig machen. Wenn der Vorstand mehr Geld will, dann muss er eben die niedrigsten Lohngruppen anheben. Er gewinnt immer noch das 50-fache dessen, was er seinem kleinsten Arbeitnehmer zugesteht. So war die soziale Marktwirtschaft einmal gedacht.

Die andere Seite dieses Verfahrens bedeutet aber auch, dass ein Vorstand, der das Letzte aus seinen Arbeitnehmern herauspressen will, sein eigenes Einkommen ebenfalls beschränken müsste. Er würde den Teufel tun und die Gehaltstabellen nach unten erweitern, wie es in den 90er Jahren zum Beispiel bei der Lufthansa geschehen ist.

Nun wird gern behauptet, die niedrige Anzahl von hochbezahlten Vorständen würde die Bilanz nicht besonders belasten. Das ist Augenwischerei. Nehmen wir die Deutsche Bank. Der gesamte Vorstand erhält inklusive Boni etc. etwa 100 bis 200 Millionen pro Jahr. Die Deutsche Bank hat weniger als 100.000 Mitarbeiter. Würde also die Entlastung der Vorstände auf ein sozialverträgliches Niveau reduziert, könnte mit diesem Geld jedem Angestellten € 100,- pro Monat mehr bezahlt werden. In anderen Konzernen, wo die Anzahl der Mitarbeiter im Verhältnis zum Gewinn geringer ist, fallen die Vorstandsgehälter noch deutlicher ins Gewicht.

Die angedachte Regelung, dass die Eigentümer, also die Aktionäre die Gehälter der Vorstände bestimmen sollen, ist von Anfang an Makulatur. Die Verflechtungen der großen Konzerne untereinander sind so dicht, dass sich die Vorstände gegenseitig selbstverständlich weiterhin unanständige Einkommen genehmigen werden.

Der dramatische Anstieg der Managergehälter hat in den 90er Jahren seinen Anfang in den USA genommen. Es war eine Notmassnahme, die mit dem Außenhandelsdefizit der USA zusammenhängt. Wie das zusammenhängt, lesen Sie bitte hier. Die amerikanischen Verhältnisse sind jedoch nicht auf Deutschland übertragbar, denn Deutschland leidet nicht unter dem dramatischen Außenhandelsdefizit der USA. Ich kann es dennoch niemandem verdenken, wenn er die Gelegenheit wahrgenommen hat, deutsche Einkommen denen in USA anzugleichen. Der Gesetzgeber hat schließlich die Voraussetzungen dafür geschaffen.

Es muss also auch derselbe Gesetzgeber sein, der diesem unsozialen Treiben ein Ende setzt. Der Volksentscheid in der Schweiz hat gezeigt, dass eine Regierung nur Wähler gewinnen kann, wenn sie sich dieses Themas konsequent annimmt. Ich gehe von einer Zustimmung der Wähler von über 80 Prozent aus, wenn unsere Regierung die Koppelung von Managergehältern an den niedrigsten Lohn im Gesetz festschreibt. Vergessen Sie „die Märkte“, sie sind nur ein Argument für Leute, die für ihre gesellschaftsschädlichen Handlungen eine undefinierte, letztlich nicht existente und schon gar nicht demokratische Autorität bemühen, damit sie die Verantwortung für ihr Treiben nicht selbst tragen müssen. An die Arbeit, Frau Merkel, Sie wollen doch eine Wahl gewinnen!

P.S.: Dieses Gesetz kann ohne Wenn und Aber in einem Satz formuliert werden:

Das Einkommen eines Vorstands darf das 50-fache des niedrigsten Lohns im Konzern nicht übersteigen.

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