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Armut und Not sind der Nährboden des religiösen Fundamentalismus

Von Peter Haisenko 

Solange alles „gut geht“, man bequem und ohne existenzielle Probleme leben kann, spielt Religion kaum eine Rolle. Sobald aber ein Unglück geschieht oder wenn die eigene Zukunft nicht aus eigener Kraft gesichert werden kann, wendet man sich Gott, einer Religion oder anderen „Heilsbringern“ zu. Wenn diese negativen Umstände oder Aussichten einen größeren Bevölkerungsanteil betreffen, schlägt die Stunde der Fundamentalisten. Martin Luther ist hierzu ein treffendes Beispiel aus unserer eigenen Geschichte.

Zunächst zitiere ich einen kleinen Witz, der aufzeigt, wie man die Sache mit Gott, Kirche und Glauben auch sehen kann: Ein Pfarrer kommt in den Himmel und bekommt eine kleine graue Wolke zugewiesen, mit ebenso grauen Engeln. Missmutig segelt er am Himmel längs und sieht zu seinem Erstaunen seinen Nachbarn, einen Flugkapitän, auf einer tollen weißen Wolke mit den schönsten Engeln um sich dahinsegeln. Wutentbrannt beschwert er sich bei Petrus: Ich habe immer Gott gedient und bekomme so eine schlechte Wolke. Und da drüben, der Kapitän, dieser Hallodri hat immer geprasst und den lieben Gott kaum beachtet, schwebt jetzt im Luxus! Halt, sagt Petrus, wenn du gepredigt hast, haben 100 Menschen geschlafen. Wenn er geflogen ist, dann haben 100 Passagiere gebetet!

Wer glücklich ist, ruft nicht nach Gott

Genau darum geht es. Glückliche, zufriedene Menschen, die keine Sorgen um ihre Zukunft haben, vernachlässigen ihre spirituelle Gesundheit. Während noch vor weniger als 100 Jahren auch hierzulande viele Menschen in Not und Armut leben mussten, waren die Gottesdienste gut besucht. Geht es einem lieben Menschen schlecht, wird schon mal eine Kerze an einem besonderen Ort angezündet. Menschen, die mit der täglichen Gefahr durch Naturgewalten leben, an der See, in Wüstenregionen oder im Gebirge, sind religiöser. Je größer Not und Hoffnungslosigkeit werden, umso genauer wendet man sich der Einhaltung religiöser Regeln zu. Wen kann es da noch wundern, wenn in den Krisenregionen der islamischen Welt Fundamentalismus aufblüht? Das Gegenteil ist zu beobachten in den reichen Regionen wie Dubai oder Abu Dhabi. Dort haben sich Dekadenz und sinnentleerter Luxus breit gemacht.

Die Trockengebiete Zentral- und Ostafrikas erleben fundamentalistischen Terror, weil Hunger, Not und Elend den Boden dafür bereitet haben. Millionen machen sich auf den Weg auf der Suche nach einem besseren Leben. Sie tun das nicht, ohne den Beistand ihres jetzt mehr als früher geschätzten Gottes Allah zu erbitten. Haben sie dann tatsächlich den gefährlichen Weg gemeistert, sind im Land ihrer Träume angekommen, dann fühlen sie sich ihrem helfenden Gott, ihrer Religion umso mehr verpflichtet. Welches Unglück könnte über sie hereinbrechen, wenn sie sich jetzt, nach ihrer „Errettung“, nicht noch intensiver „bedankten“, indem sie noch eifriger ihrer Religion huldigten, mögen sie denken. Wer kann da noch so naiv sein zu glauben, dass sich diese Migranten bei uns unserem vernachlässigenden Umgang mit Religion anpassen werden?

Vor 500 Jahren war in Deutschland ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Die Umstellung des Wirtschaftssystems auf den „ewigen Pfennig“ hatte Not und Armut gebracht und sogar die katholische Kirche ist mit ihrem „Ablasshandel“ der Gier verfallen. Die Folge war eine fundamentalistische Rückbesinnung auf die Urlehren des christlichen Glaubens durch Luther mit seinen 95 Thesen. Ebenso wie wir es heute beobachten müssen, hat dieser notinduzierte Fundamentalismus zu Mord und Totschlag geführt, zum dreißigjährigen Krieg und letztlich zur Spaltung der Christenheit. Vergleicht man das mit den jüngsten Entwicklungen des Islam, sind ähnliche Vorgänge nicht ganz von der Hand zu weisen.

Die armen Länder werden gnadenlos vom Westen ausgebeutet.

Die mittlerweile weitverbreitete Verfügbarkeit des Internets zeigt den Armen weltweit, wie arm sie sind, im Vergleich zu dem, was sie dort sehen können. Der Wunsch, an diesem besseren Leben teilzuhaben, ist nur allzu menschlich und es wäre ein Gebot der Humanität, wenn die reichen Nationen alles täten, um diese Teilhabe zu fördern. Das Gegenteil ist der Fall. Die armen Länder werden gnadenlos ausgebeutet und in die Zinsknechtschaft getrieben. Das führt zu der tiefen Hoffnungslosigkeit, jemals aus eigener Kraft dieser Armut entfliehen zu können. Ist das „gottgegeben“, stellt sich dann die Frage. – Jetzt hat der fundamentalistische Islam leichtes Spiel. Er predigt seinen Gläubigen, dass sie als die eigentlichen Herrscher bestimmt sind und sich von den „Ungläubigen“ nichts gefallen lassen müssen. Er sagt, dass ihr Gott, Allah, der größte ist und verspricht, dass das Paradies auf jeden wartet, der sich den strengen Regeln (nach ihrer Interpretation) des Koran voll und ganz unterwirft. Das ist das Dilemma, mit dem wir heute konfrontiert sind.

Die Zerstörung des mehrere Jahrhunderte erfolgreichen Wirtschaftssystems in Mitteleuropa vor 500 Jahren hat zu Armut, zu christlichem Fundamentalismus und all seinen schrecklichen Folgen geführt. Die Zerstörung gewachsener Strukturen abseits westlicher Länder, in Nahost und Afrika, und die anhaltende Ausbeutung hat den Boden geschaffen, für religiöse Fundamentalisten. Es sei hier auch angemerkt, dass Hass und Krieg in Jugoslawien die wirtschaftliche Zerstörung der dortigen Strukturen durch den Westen vorangegangen ist. Die Zustände in der Ukraine gäbe es nicht, wenn die Wirtschaft dieses Landes nicht seit 1990 stetig bergab gegangen wäre. Wirtschaftlicher Niedergang schafft Unzufriedenheit und daraus erwachsen Fundamentalismus und Nationalismus, Neid, Gier, Gewalt, Mord und Totschlag.

Die Welt muss zurückfinden zum humanistischen Gedankengut

Wem es einigermaßen gut geht, wer etwas Wertvolles zu verlieren hat, wer hoffnungsfroh in die Zukunft blicken kann, der wird keine Selbstmordanschläge verüben oder Kriege führen wollen. Wo sind hier die USA einzuordnen? Die Häuptlinge dort wissen genau, dass es mit ihrem Land bergab geht, dass der Luxus auf der Basis grün bedruckten Papiers, das sie „Dollar“ nennen, ein baldiges Ende finden wird. Das ist einer der Gründe für ihren weltweiten Kriegsterror. Wenn also tatsächlich Frieden auf der Welt gewünscht wird, ohne Angst vor (islamistischem) Terror, dann muss der reiche Westen seine Ausbeutungspolitik beenden und ernsthaft daran arbeiten, dass es in den Ländern der Dritten Welt voran geht, dass die Menschen dort wieder Hoffnung auf ein besseres Leben schöpfen können. Es reicht nicht aus, sich das Feigenblatt einer halbherzigen Entwicklungshilfe umzuhängen, die doch meist in korrupten Kanälen versickert.

Der Humanismus ist in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs untergegangen. Seither gilt der Kapitalismus als einzig möglicher Heilsbringer und wohin das geführt hat, sehen wir heute überdeutlich. Die Welt muss zurückfinden zum humanistischen Gedankengut und das wird nur möglich sein mit einem grundlegend anderen Finanz- und Wirtschaftssystem. Einem System, das Gier nicht mehr fördert, sondern zum Ziel hat, dass es allen Menschen so gut wie irgend möglich geht. Wir, Hubert von Brunn und ich, haben mit der Humanen Marktwirtschaft ein System vorgestellt, das genau dieses Ziel zur Grundlage hat. Ich übertreibe nicht wenn ich behaupte, dass mit diesem System erstmals die reale Chance besteht, Armut, Gier, Neid, Hoffnungslosigkeit und alle ihre schrecklichen Folgen zu überwinden. Wenn jemand eine bessere Idee hat, dann möge er sich melden. Wenn nicht, hier bestellen und lesen. 

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