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Kanzler Scholz und der Zustand des Waffenstillstands

Von Peter Haisenko 

Deutschland hat keine Friedensverträge mit den Gegnern des Zweiten Weltkriegs. Vor der UN gilt immer noch die Feindstaatenklausel. Wir leben seit 77 Jahren im Zustand des Waffenstillstands. Kanzler Scholz wird von allen Seiten zu Waffenlieferungen an die Ukraine gedrängt. Warum weigert er sich?

Ich habe bewusst von Deutschland gesprochen und nicht von der BRD oder dem Deutschen Reich. Obwohl die BRD zwar in vielen Bereichen die Rechtsnachfolge des Deutschen Reichs praktiziert, ist dieser Zustand keineswegs rechtlich gesichert. Das hat Vor- und Nachteile. Die BRD als Staatskonstrukt befindet sich mit niemand im Kriegszustand und so ist es unsinnig, über Friedensverträge zu reden. Anders sieht es aber aus, wenn man die BRD als Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs einordnet. Dann leben wir im Zustand des Waffenstillstands und das ist ein heikler Status.

Mit der Russischen Föderation ist der Rechtszustand auch nicht eindeutig. Ist sie nun der Rechtsnachfolger der Sowjetunion mit allen Konsequenzen? Auch das erscheint fragwürdig, denn die Russische Föderation umfasst nicht das gesamte Territorium der Sowjetunion. Welchen Status im Sinn der Rechtsnachfolge haben die ehemaligen Republiken der Sowjetunion, die nicht der Russischen Föderation beigetreten sind? Geht man davon aus, dass weder die BRD noch die Russische Föderation vollwertige Rechtsnachfolger ihrer Vorläufer sind, dann befanden sich beide noch nie im Kriegszustand. Ihr Verhältnis ist so geradezu als „jungfräulich“, unbefleckt, zu sehen.

Der völkerrechtliche Status Deutschlands ist seit 77 Jahren ungeklärt

Geht man aber davon aus, dass beide die Rechtsnachfolger ihrer Vorgänger sind, leben wir nach wie vor im Zustand des Waffenstillstands und das hat Konsequenzen. Bricht eine Seite diesen, hat die andere das Recht, die Kampfhandlungen umgehend wieder aufzunehmen, bis hin zur erneuten Besetzung des Feindlands. Man sieht also, wie schwer das Versäumnis sich auswirken kann, dass der völkerrechtliche Status Deutschlands seit 77 Jahren als ungeklärt offen gehalten worden ist. Tatsächlich ist es so, dass sowohl die deutsche Seite als auch die der Westalliierten mit allen Mitteln verhindert hat, einen geklärten Status herzustellen. Wenn auch aus unterschiedlichen Motiven.

Die deutsche Seite, die Seite des deutschen Widerstands gegen Hitler, wollte unbedingt einen Friedensvertrag nach Muster von Versailles verhindern. Nach ihrer Auffassung hätte das Deutschland endgültig zu einem verarmten Agrarstaat gemacht, der als unbedeutendes Gebiet in Mitteleuropa nicht mehr am Welthandel beteiligt sein wird. Die USA hingegen wollten sich das Recht sichern, Deutschland besetzt zu halten, ihre Truppen dort nach Belieben stationieren zu können und Deutschland als Frontstaat gegen das Sowjetreich aufzustellen und zu bewaffnen. Gäbe es aber einen Friedensvertrag, dürfte Deutschland darüber entscheiden, ob US-Truppen auf deutschem Gebiet stationiert sein sollen und inwieweit man sich den Diktaten der Sieger beugen muss.

Fehlverhalten“ kann jederzeit mit Waffengewalt „diszipliniert“ werden

Die Sowjetunion hingegen hatte diese Feinheiten erkannt und wollte das Deutsche Reich mit Verträgen wieder herstellen, zwar in neuen Grenzen, aber im Zustand der Neutralität. Mit dem Beginn des Kalten Kriegs, der eigentlich schon vor Kriegsende begonnen hat, wollten die USA ihren „unsinkbaren Flugzeugträger“ in Europa nicht mehr aufgeben und so haben sie verhindert, dass der Plan Moskaus ausgeführt werden konnte. So lebt Deutschland seither im Zustand des Waffenstillstands und kann bei „Fehlverhalten“ jederzeit mit Waffengewalt „diszipliniert“ werden. Fatal daran ist aber, dass das sowohl für die Westalliierten gilt, als auch für die russische Seite. Wobei für letztere auch eine gewisse Rechtsunsicherheit reklamiert werden kann, eben weil die Frage der Rechtsnachfolge für die Russische Föderation auch nicht endgültig geklärt ist.

In Moskau ist man sich dieser Umstände bewusst und Putin hat schon klare Hinweise gegeben, dass dem so ist. Putin hat die Botschaft nach Berlin gegeben, dass man die direkte Lieferung von Waffen an die Ukraine als Bruch des Waffenstillstandsabkommens werten wird, mit allen Konsequenzen. Das wird in unseren Medien nicht kommuniziert, denn das Wissen darum, würde die Haltung der deutschen Bevölkerung zur Hilfe für die Ukraine erschüttern. Die Frage ist nun, inwieweit auch Kanzler Scholz sich dieses prekären Zustands bewusst ist. Hat ihn vielleicht sein Parteigenosse Schröder nach seinen Gesprächen mit Putin darüber aufgeklärt?

Auffallen sollte, dass von der BRD noch keine Waffen direkt in die Ukraine geliefert worden sind. 5.000 Helme sind keine Waffen. Was man Richtung Osten verbracht hat, landete in Polen nahe der ukrainischen Grenze. Wenn dann ein paar zufällig vorbeikommende Ukrainer diese Gegenstände an sich nehmen und in die Ukraine verbringen, kann man sich immer noch auf die spitzfindige juristische Position berufen, man hätte keine Waffen direkt in die Ukraine geliefert. Auch das Verfahren, anderen Staaten zu genehmigen, von Deutschland vor längerer Zeit verkaufte Waffen an die Ukraine weiter zu geben, kann rein juristisch nicht so einfach als direkte Lieferung angeführt werden. In diesem Sinn wird auch sichtbar, warum andere europäische Staaten keine Hemmungen haben, Waffen direkt an die Ukraine zu liefern. 

Die Forderung nach Waffenlieferungen ist dummes Oppositionsgehabe

Ich gehe davon aus, dass man sich in Washington sehr wohl des völkerrechtlichen Status Deutschlands bewusst ist. Mit dem Zusatz, dass der Waffenstillstand mit den USA nicht gebrochen wird, wenn Deutschland Waffen in die Ukraine liefert. So hätte dann zwar Russland das Recht, den Krieg gegen Deutschland wieder aufzunehmen, die USA aber nicht. Kann es sein, dass aus diesem Grund keine Aufforderungen aus USA kommen, die Ukraine direkt mit Waffen zu beliefern? Die Frage sollte aber sein, ob auch die Selenskij-Bande über dieses Wissen verfügt. Wenn dem so wäre, müssten die frechen Forderungen aus Kiew komplett neu bewertet werden. Dass man dort den Ruin Deutschlands wünscht, ist schon an der Forderung zu ermessen, dass Kiew andauernd fordert, die deutschen Energieimporte aus Russland einzustellen, ohne selbst auch nur im Entferntesten darüber nachzudenken.

Ich hätte nie gedacht, dass ich Scholz oder Habeck jemals loben könnte. So, wie es sich aber jetzt darstellt, sind diese Beiden die einzigen, die die Realität erkannt haben und verantwortungsvoll handeln. Für Habeck gilt das aber nur im Hinblick auf die Energiepolitik, während er die Sache mit dem Waffenstillstand nicht verstanden hat, denn er fordert lauthals Waffenlieferungen. Schade nur, dass es der Kanzler nicht wagt, die Wahrheit auf den Tisch zu legen.

Sanktionen sind eine Sache, aber direkte Waffenlieferungen eine ganz andere. Und es ist auch noch etwas anderes, aus einer Position heraus irrsinnige Forderungen zu stellen, die einem nicht auferlegt, es selbst und verantwortlich durchzuführen. So ist es nur dummes Geschwätz, wenn Merz & Co Waffenlieferungen fordern. Dummes Oppositionsgehabe. Über Positionen von Grünen zu reden ist dabei überflüssig. Die haben sich schon mit dem Jugoslawienkrieg als Kriegstreiber etabliert, ohne Rücksicht auf deutsche Interessen.

Der Kanzler trägt die Verantwortung für das Land

Wer inbrünstig Parteinahme für die Ukraine fordert, hat den Ernst der Situation nicht verstanden, in der sich Deutschland gerade bewegt. Ein offener Bruch des Waffenstillstands durch die BRD würde es Russland nach allen Regeln erlauben, den Krieg gegen Deutschland wieder aufzunehmen, bis zur Besetzung des Landes. Eben weil es keinen Friedensvertrag gibt, nur Waffenstillstand. Dabei ist es müßig, in die Feinheiten des Völker- und Kriegsrechts einzusteigen, denn das würde erst „posthum“ aufgearbeitet werden können, also wenn es zu spät ist. Dann aber gibt es Fakten, die nicht mehr revidiert werden können und die BRD als halbwegs eigenständige politische Einheit wird es nicht mehr geben.

Als Kanzler trägt Olaf Scholz die Verantwortung für das Land. Wenn er wirklich weiß was da auf dem Spiel steht, dann ist seine Weigerung, Waffen direkt an die Ukraine zu liefern, nicht nur verständlich, sondern sogar zwingend, wenn er Kanzler bleiben und die BRD erhalten will. Dabei ist es überflüssig darüber nachzudenken, wie der Ablauf und sein Ausgang sein könnte, wenn Russland den Bruch des Waffenstillstands reklamiert. So fordere ich alle Kriegstreiber auf, ihr Gehirn einzuschalten und von ihren irrsinnigen Positionen Abstand zu nehmen. Überhaupt zu überdenken, warum sie sich derart irrrational auf die Seite eines kaputten und korrupten Staats stellen. Ich kann nur hoffen, dass Scholz nicht auf die eine oder andere Art erpresst wird, seine Haltung zu Waffenlieferungen aufzugeben. In jedem Fall wären die Folgen unabsehbar und mit Sicherheit nicht gut für unser Land. Oder vielleicht gerade doch?

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Wie hat es der deutsche Widerstand gegen Hitler arrangiert, einen Friedensvertrag zu verhindern und warum? Ist es wahr, dass Helmut Kohl und Genscher alles versucht haben, die deutsche Wiedervereinigung zu verhindern? Reinhard Leube hat das gründlich recherchiert und legt das in seinen letzten drei Werken überzeugend dar und das liest sich alles andere als „trocken“. Auch ich war erstaunt, wie viel Neues ich aus den Werken von Leube lernen durfte. Machen Sie sich kundig und bestellen Sie Ihre Exemplare „Leube“ direkt beim Verlag hier oder erwerben Sie sie in Ihrem Buchhandel. Mehr zum Zustand der Souveränität der BRD erfahren Sie im Werk von Wolfgang Schimank "Ist Deutschland ein souveräner Staat". Dieses Werk können Sie zum Sonderpreis erwerben, wenn Sie es direkt beim Verlag bestellen. 

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