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B 787 Absturz in Ahmedabad – eine Kurzanalyse

Von Peter Haisenko 

Im Zeitalter von Handy-Videos und Überwachungskameras eröffnen sich neue Möglichkeiten einen Flugzeugabsturz zu analysieren. Insbesondere wenn er nahe eines Flughafens geschieht. So wage ich mich zu äußern, bevor der Flugschreiber ausgewertet ist.

Wie auf allen Videos zu beobachten ist, verlief der Start zunächst normal. Die Nase wird im normalen Bereich hochgenommen und die 787 hebt ab und steigt kurz, wieder im normalen Bereich. Dann fällt auf, dass das Fahrwerk nicht sofort nach dem Abheben eingefahren wird. Das ist aber notwendig, damit die Berechnungen für den initialen Steigflug funktionieren. Es bleibt ausgefahren bis zum Aufschlag. Das allein ist aber noch kein Grund für einen Absturz. Also muss der kurze Flug weiter analysiert werden. Da fällt auf, dass wenige Sekunden nach dem Start der Steigflug abgebrochen wird, die Nase senkt sich und die 787 geht in einen leichten Sinkflug über, bis sie scheinbar kontrolliert in einem Feuerball endet.. Es gibt keine Anzeichen für ein Triebwerksversagen. Was kann also passiert sein?

Zum Start und zur Landung müssen Landeklappen und Vorflügel ausgefahren sein, damit das Flugzeug bei niedrigen Geschwindigkeiten flugfähig ist. (siehe Bild unten) Die Wölbung der Tragflächen wird vergrößert ebenso wie ihre Fläche. Zum Start werden die Landeklappen am hinteren Ende der Flügel nur ein wenig ausgefahren, damit der Luftwiderstand so gering wie möglich bleibt. Die Vorflügel hingegen kennen nur zwei Zustände. Eingefahren oder ausgefahren. Die Vorflügel sind der wichtigere Teil, denn sie sorgen dafür, dass die Strömung bei hohen Anstellwinkeln nicht abreißt, also wenn die Nase nach oben zeigt. So ist ein moderner Jet mit entsprechend ausgefahrenen Klappen fähig, bei Geschwindigkeiten von etwa ab 130 Knoten zu fliegen. Sind die Klappen aber eingefahren, ist eine Minimalgeschwindigkeit von mehr als 210 Knoten notwendig, um das Flugzeug in der Luft zu halten. Je nach Startgewicht können das bis zu 290 Knoten sein, zum Beispiel auf vollbeladenen Langstreckenflügen.

Der normale Ablauf

So verläuft ein normaler Start: Das Flugzeug hebt in der Startkonfiguration ab und das Fahrwerk wir sofort eingefahren. Dann ist das Flugzeug bereit für das sogenannte „zweite Segment“. Mit den Klappen in Startfiguration, eingefahrenem Fahrwerk und den Motoren immer noch auf Startleistung steigt man auf etwa 300 bis 500 Meter Höhe. Dann wird die Nase etwas gesenkt, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Sobald die entsprechenden Geschwindigkeiten durchflogen werden, werden die Landeklappen sukzessive eingefahren, die Vorflügel zuletzt, bis das Flugzeug „sauber“ ist und seinen Steigflug bis zur Reiseflughöhe fortsetzen kann. Die Leistung der Motoren wird von Startleistung auf Steigleistung reduziert, um die Motoren nicht zu überlasten. Dieser Vorgang ist auch möglich, wenn ein Motor ausfällt, auch schon auf der Startbahn, vor der „Entscheidungsgeschwindigkeit V1“. Es geht dann alles nur viel langsamer vonstatten. So ist festzustellen: Selbst wenn ein Motor ausfällt, kann der Flug sicher fortgeführt werden. In diesem Fall gab es aber offensichtlich keinen Motorschaden.

Wie auf den Videos zu sehen ist, steigt die Boeing zunächst normal auf. Bis auf etwa 190 Meter. Hier fällt auf, dass das Fahrwerk immer noch nicht eingefahren wurde. Das bedeutet, dass die Berechnungen für den Start nicht mehr den berechneten Bedingungen entsprechen. Das ist aber noch lange kein Grund für einen Absturz. Manchmal lässt man das Fahrwerk absichtlich etwas länger draußen, um heiße Bremsen zu kühlen. Die Frage ist nun, warum die Boeing in 190 Metern höhe die Nase senkt und in in einen langsamen Sinkflug übergeht. Dafür gibt es nur eine Erklärung. Statt des Fahrwerks wurden die Landeklappen eingefahren.

Die Elektronik verhindert einen Strömungsabriss

Für das fälschliche Einfahren der Landeklappen gibt es keine direkte Warnung. Allerdings gibt das Flugzeug jetzt den Piloten eine Warnung, dass die Geschwindigkeit zu niedrig ist. Das kann nur kompensiert werden, indem der Steigflug abgebrochen wird, um Geschwindigkeit aufzunehmen. Die modernen Flugzeuge gehen dabei so weit, dass sie den Piloten nicht erlauben, die Nase oben zu halten, damit die Strömung nicht abreißt und das Flugzeug in eine unkontrollierbare Situation gerät. Das kann genutzt werden zu einer kontrollierten Notlandung auf freiem Feld. Das gab es aber nicht und so ist die Boeing kontrolliert in ein Gebäude geflogen worden, mit verdammt hoher Geschwindigkeit. Die war aber nicht hoch genug, um die Boeing in der jetzt entstandenen Konfiguration am Fliegen zu halten und den Steigflug wieder aufzunehmen. Noch dazu mit dem doch erheblichen Luftwiderstand durch das Fahrwerk, das immer noch ausgefahren war.

Dank dieser vielen Videos ist eine Erstanalyse einfach. Statt des Fahrwerks wurden die Landeklappen eingefahren. Warum das so war, muss erst noch festgestellt werden. War es ein Pilotenfehler oder eine seltene Fehlfunktion der Elektronik? Letzteres halte ich für unwahrscheinlich. Zu den Piloten: Der Kapitän mit 8.000 Stunden hatte ausreichend Erfahrung. Der Copilot hingegen kann mit etwa 1.100 Stunden nicht als besonders aber durchaus ausreichend erfahren gelten. Für weitere Erkenntnisse muss nun die Auswertung der Flugschreiber abgewartet werden ebenso, wie aus den Trümmern am Unglücksort festgestellt werden kann, ob die Landeklappen beim Aufprall ausgefahren waren, was ich nicht annehme. Wie üblich werden die Piloten genau durchleuchtet werden. Waren sie ausgeschlafen und so weiter. So oder so, ich gehe davon aus, dass es sich um einen tragischen Pilotenfehler handelt, der in den 11 Sekunden Flug nicht erkannt oder korrigiert werden konnte. Ich gebe für die Richtigkeit meiner Analyse 95 Prozent Wahrscheinlichkeit.

Hier sehen Sie die Landeklappen einer B 787 in der Konfiguration für die Landung.

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