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Der Fortschrittsglaube - Der Anfang vom Ende?
Eine Betrachtung von Werner Roth
Die ganze Welt fragt sich, wie konnte das alles nur so kommen. Kann man da einen Anfangspunkt finden? Wann ist der Westen, die westliche Kultur falsch abgebogen? Welche Faktoren spielten wann eine entscheidende Rolle? Und natürlich zuletzt, hätte man etwas an der Entwicklung ändern können?
Die Antwort auf die letzte Frage ist einfach. Natürlich! Man kann immer etwas anders machen. Im Gegensatz zur Auffassung einer Ex-Kanzlerin gibt es stets Alternativen. In jeder Situation.
Zunächst sei hiermit die These verkündet, auf der hier alles aufbaut:
Für unseren heutigen Zustand ist der Fortschrittsglaube in erheblichen Maße ursächlich!
Gehen wir dazu um ungefähr 500 Jahre zurück in der Zeit. Wie sah die Welt damals aus?
Die Menschheit lebte noch weit mehr in getrennten Kulturräumen. Zu unterscheiden wären da Europa, Indien, Ostasien mit China, Japan, Korea, Indochina, Subsahara-Afrika, die muslimische Welt von Nordafrika bis Zentralasien sowie Amerika und Australien. Die Lebensweisen zwischen den jeweiligen Kulturen unterschieden sich jedoch in ihren Grundzügen nicht wesentlich. Die größte Differenz war die zwischen den sesshaften Bauern und Städtern (Europa/Asien) zu den Jägern und Sammlern (Afrika/Amerika/Australien).
Aber allen Menschen war der tief verinnerlichte Glaube an eine höhere, göttliche Macht gleich. Atheisten um 1500? Gab es einfach nicht. Nirgends. Weltweit nicht. Die Gottesleugner waren in mancher Weltecke noch schlimmer dran als heute Corona-Leugner. Ruck-Zuck war die Rübe ab!
Es gab eine natürliche, Gott gegebene Ordnung, in der alles und jedes seinen Platz hatte. Die Beständigkeit, das alt-bewährte wurde als höchstes Gut geschätzt. Das Gedenken an die Vorfahren war zentraler Bestandteil des Lebens. Veränderung war mit Unsicherheit verbunden und deshalb weniger positiv besetzt.
Es gab keine Idee von Fortschritt über die persönliche Ebene hinaus. Das Konzept eines gesellschaftlichen Fortschritts im Sinne einer gesamt-gesellschaftlichen Verbesserung war nirgends ein Thema.
Dann kam Gutenberg mit seinem revolutionären Druckverfahren. Das änderte alles!
Das war eigentlich nur eine simple technische Verbesserung des Kartoffeldruckverfahrens, das jeder mal in der Grundschule lernte. Nun ja, nicht ganz so, denn die Auswirkungen waren gewaltig. Die Verbreitung und Zugänglichkeit von Wissen explodierte damit förmlich, im historischen Maßstab betrachtet.
Die technischen Innovationen seit der Antike waren bis dahin jetzt nicht so überwältigend. Nach dem Untergang West-Roms gingen sogar viele Dinge in Handwerk, Technik, Lebensart und Welterkenntnis vollkommen verloren.
Im Zusammenwirken mit der endgültigen Vollendung der Reconquista in Spanien, dem Fall von Byzanz, der („Wieder-“)Entdeckung Amerikas und den Erkenntnissen durch die Renaissance wurde die europäische Sicht auf die Welt gehörig durcheinandergewirbelt.
Die uralte Weisheit „Nix blaibt wias is“ (Panta rhei: Alles fließt; für die Dünkelbürger) bekam eine nie für möglich gehaltene Dynamik. Das Ausmaß der Veränderungen nahm für immer mehr Betroffene dramatisch zu. Dass die europäischen Eroberer dies anders wahrnahmen als die Indianer, Afrikaner, Asiaten und Ur-Australier dürfte offensichtlich sein.
Ein neues Weltbild entstand.
Unter dem Banner des Christentums, das zuerst mit dem „Fortschritt“ gleichgesetzt, später dadurch ganz ersetzt wurde, nahmen die Ausplünderung, die Auslöschung ganzer Völker, die grauenvollsten Menschenabschlachtungen, die Versklavung ganzer Nationen, die Pervertierung der Welt, bis zur heutigen seelisch-geistigen Verwirrung, ja Gottlosigkeit, in einem bis dato unerreichbaren Ausmaß ihren Lauf.
Andererseits ermöglichte die stetige Verbreiterung des Wissens aufgrund der permanent verbesserten Zugänglichkeit in Form von Büchern und Flugblättern, eine bis dahin undenkbare Ausweitung des Wissenshorizonts. Parallel dazu wurden in ganz Europa Stätten des Wissens, die Universitäten, immer mehr etabliert. Die Grundlagen der Naturwissenschaften entwickelten sich. Daraus erwuchsen technische Innovationen bis zum derzeitigen Computerzeitalter. All dies basiert auf dem Konzept des Fortschrittglaubens.
Die Lebenswirklichkeit der großen Masse war noch nie ideal, aber mit dem zunehmenden Einfluss des technischen Fortschritts auf das alltägliche Leben und der zeitnahen Verbreitung dieses Wissens erklang immer vernehmbarer der Ruf nach Veränderung. Zu etwas Besserem. Diese Veränderung wurde fürderhin „Fortschritt“ genannt. Präziser ist hier, von gesellschaftlichem Fortschritt zu sprechen.
Nun ist diese Denkweise an ihrem Ende angelangt.
Nichtsdestotrotz dürfte es bis heute kaum einen Begriff geben, der unter allen Menschen dermaßen positiv aufgeladen ist wie „Fortschritt“. Woher kommt das?
Jeder Mensch hat bestimmte stereotypische Vorstellungen im Gehirn, was sympathisch vs. unsympathisch, gut vs. böse, usw., ist, die instinktiv, individuell, traditionell-kulturell, etc. geprägt sind. Doch beim Fortschrittsglauben zeigt alles in eine Richtung: Da ist das Gute! „Der Fortschritt“ und „das Gute“ sind heute untrennbar verlinkt. Das darf man auch seltsam finden.
Fortschritt ist und braucht Veränderung, sprich Bewegung. Und umgekehrt. Die größte und weitreichendste Bewegung kam mit der Entdeckung, besser Eroberung der Welt. Zuerst durch die Iberer aus Spanien und Portugal, dann über die Niederländer, bis zu den Franzosen und zu guter letzt, den Angelsachsen. Der stärkste Glaube an den Fortschritt kam somit folgerichtig von den britischen Inseln, die darauf ihr weltumspannendes „British Empire“ aufbauten.
Je weiter man in und von Europa nach Osten geht, desto ausgeprägter wird die Skepsis gegenüber einem unkritischen Fortschrittsglauben und desto mehr ist die Hinwendung zu Tradition und alt-bewährten Sitten noch virulent. Dies zieht sich durch, von damals vor Jahrhunderten bis zum hier und jetzt.
Denn immer und überall gilt: „Die Dosis macht das Gift!“
Man könnte zurecht darauf verweisen, dass nicht eine Geisteshaltung, die in der Begrifflichkeit „Fortschrittsglaube“ Ausdruck findet, als solche der Grund allen Übels ist, sondern der Umgang damit bzw. die Gewichtung. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob man kritisch-distanziert-reflektiert oder blind-unkritisch-fanatisch dazu steht.
Der Fortschrittsglaube ist im Grundsatz nur der unzureichende Ersatz für die instinktive Spiritualität, die dem Menschen in den Genen steckt. Ohne Glaube und der damit inkludierten Demut gegenüber einer übergeordneten Macht, fehlt dem Menschen Entscheidendes zu seinem Seelenheil. Er verliert seine innere seelische Balance, kommt aus dem Tritt und taumelt nur noch durchs Leben. Gerade erleben wir die Endphase dieses Zustands beim Großteil der westlichen Bevölkerungen.
Diese ewigen Weisheiten stecken, erkennbar für jeden, schon in der Sprache. Armselig = arm an Seele, Seelenlos = ist seine Seele los, siehe auch Seelenfrieden, Seelendoktor, Seelenleben, Seelenverwandtschaft, Seelenheil usw., was die Existenz einer nicht fass- und messbaren Seele zumindest sprachlich manifestiert.
Der Fortschrittsglaube transformierte im 19. Jahrhundert zum Machbarkeitswahn und kulminierte im 20. Jahrhundert zur Hybris des Wahns, der Mensch wird zu Gott. Schriftlich dokumentiert u.a. in Hararis „Homo Deus“. Gut, Nietzsche war mit seinem „Gott ist tot“ gut 100 Jahre früher dran, doch wen juckt das jetzt noch?
Das im Westen dominierende Weltbild des reinen Materialismus kann nur ohne den Glauben an eine Seele existieren und passt zum Fortschrittsglauben wie Arsch auf Eimer. Das Eine befördert das Andere.
"Gehen Sie mal in sich - wenn Ihnen der Weg nicht zu weit wird!"
Die Alterskohorte der vor 1965 geborenen wird als Boomer bezeichnet. Sie hatten das große Glück, am absoluten Höhepunkt der wertewestlichen Entwicklung ihr Leben leben zu dürfen. Der Fortschrittsglaube war regelrecht totalitär und zeigte sich als realisierte Science Fiction in der Mondlandung oder kindgerecht in bebilderten Büchlein für Grundschüler mit atomgetriebenen Staubsaugern.
Feinfühlige und tief denkende Gattungsvertreter warnten allerdings schon lange, der ganze Fortschritt, eingebettet in Konsumismus und Hedonismus, ist nichts weiter als der Tanz auf dem Vulkan. Augenscheinlich vergeblich. Wir werden den ganzen Weg bis zu einer wirklichen inneren Balance wieder zurückgehen müssen, und das unter erschwerten Bedingungen.
Handel und Wirtschaftsweise, die jede Zivilisation bestimmenden Faktoren, haben sich durch den „Fortschritt“ zu einem „Alternativlosen Marktradikalismus (= Hyperkapitalismus) mit maximaler Durchdringungstiefe nach innen“ gewandelt und „der Mensch hat sich den neuen Profitregimen bis hinein in seinen Geist und in seinen Körper den „Marktmechanismen“ als auszubeutendes Objekt zur Verfügung zu stellen.“ So konstatiert das Ullrich Mies gnadenlos und kaum widerlegbar.
Ganz vorne dabei war und ist ja immer die Welt der Kunst und Kultur. Aber ernüchtert gab Pablo Picasso zum Besten: „Alle Wege stehen einem intellektuellen Scharlatanismus offen. Das Volk findet in der Kunst weder Trost noch Erhebung. Aber die Raffinierten, die Reichen, die Nichtstuer und Effekthascher suchen in ihr Neuheit, Seltsamkeit, Originalität, Verstiegenheit und Anstößigkeit. … Ich bin nur Spaßmacher, der seine Zeit verstanden hat und alles, was er konnte, herausgeholt hat aus der Dummheit, der Lüsternheit und Eitelkeit seiner Zeitgenossen.“
Im Zuge des Fortschrittglaubens wurde das Normale pathologisiert und das Pathologische wurde normalisiert.
Sogar der gottgleiche, oder von seinen Anbetern mindestens vergötterte Habbells, der Entschwebende, lies verlautbaren: „Wir sind umzingelt von der Wirklichkeit“. Was er nicht explizit sagte: Wir hassen die Realität! Weg damit!
Der stetig schneller werdende Untergang des „Imperiums der Lügen“ auf der einen Seite und der immer mehr sich konkretisierende Aufstieg der BRICS und der SCO auf der anderen, bewirkt eine zunehmende Reibung an den Kontaktstellen. Ob die dadurch entstehende Reibungshitze die ganze Chose in Brand setzt, wird die Zukunft zeigen.
Inzwischen ist es in „UnsererDemokratie“ doch so, dass nicht mehr das bessere Argument das gute schlägt, sondern dass nur noch die sog. Haltung der sog. „die Guten™“ als höchste Instanz zur Beurteilung einer Aussage zählt. Inhalt, Substanz, Sinnhaftigkeit sind nichts! Die Attitüde, die Gruppenzugehörigkeit, die Verpackung sind alles.
Die Dummheit im Sinne von Dietrich Bonhoeffer sitzt an allen Schlüsselstellen der Macht in unserer Gesellschaft. Der Blöde will ja immer besonders gescheit sein, eben nach dem unglaublich erfolgreichen Werbespruch „Ich bin doch nicht blöd!“
Narzissmus ist die Kompensation für Minderwertigkeitskomplexe.
Von Beidem sind unsere Führungseliten schon krankhaft geplagt, ja zerfressen. Rüdiger Lenz ruft dazu gleichsam zum Kampf auf: „Es geht um die Vorherrschaft der normopathischen Massen gegen die wenigen Klügeren, um nichts anderes.“
Die gesamte Volkswirtschaft rauscht mit einem Tempo dem Boden zu, wie der Stein beim Fall vom 50-stöckigen Hochhaus. Dabei hat sie Begleitung vom (westlichen) Finanz-, Bildungs-, Gesundheits- und Gesellschaftssystem.
Die Leute sehen bloß überwiegend den Grund nicht, weil sie nach oben schauen. Hoch zur Bühne und dem dort dargebotenen Schauspiel der Handpuppen. Die sogenannten Mainstreammedien präsentieren ein Bild, das mehr an ein abstraktes Gemälde erinnert als an ein realistisches Abbild. Doch schön, im ästhetischen Sinn, ist das auch nicht.
Wenn man die Augen aufmacht und die Steine umdreht, darf man gerade eine weltgeschichtliche Wendung erleben, wie es sie so drastisch in den Auswirkungen wohl noch nie gegeben hat. Also, zurücklehnen! Show genießen! „Profitez de votre boisson!“ Oder, zugegeben ein Fitzelchen provokant: „Wenn Sie kein Brot mehr haben, essen Sie halt Kuchen“.
Eine Rückbesinnung, eine Renaissance 2.0 sozusagen, auf wirklich alt-bewährte, tragfähige und belastbare Werte, die für jeden mit Sinn und Verstand nachvollzogen werden können, wäre doch mal vielleicht nachdenkenswert. Und nicht alles, was irgendwie als neu angepriesen wird, anzuhimmeln, als wär‘s eine göttliche Offenbarung.
Martin Luther jr. hatte einen Traum. Sie auch?
Was wäre das doch mal für eine Welt, wenn alle Führungskräfte die Mentalität der Monty Pythons hätten … Ma wiad ja nua mol drama deafn …
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Wie weit sind wir mit unserem Fortschrittsglauben gekommen? Darf man noch einer Wissenschaft vertrauen? Einer pervertierten Wissenschaft, die keine mehr ist, weil sie politisch zu einem Mehrheitsprinzip gemacht worden ist. Denken wir da an Pandemie, Krieg, Klimakatastrophe und Geschlechterwahn. Bis hin zum Transhumanismus. Kann, ja muss das nicht schon Todeskult genannt werden? Unser Autor Karl Pongracz hat mit seinem Werk „Todeskult“ all diese Themen tiefgründig aufbereitet, kommt aber zu dem Schluß, dass noch nicht alles verloren ist. Man muss nur wissen, worum es wirklich geht. Das erfahren Sie, wenn Sie dieses Werk lesen. Bestellen Sie Ihr Exemplar direkt beim Verlag hier oder erwerben Sie es in Ihrem Buchhandel.