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Älterwerden im Schatten von Corona

Eine philosophische Betrachtung von Hubert von Brunn

Älterwerden ist ein Privileg – und eine Last zugleich. Wer es bis ins Rentenalter geschafft hat und auch noch über ein auskömmliches Altersruhegeld verfügen kann, darf sich glücklich schätzen. Wie viele Menschen sind in den rd. 65 Jahren, die es braucht, um dahin zu kommen, viel zu jung gestorben: Krankheit, Unfall, Krieg! Die Last andererseits, die mit dem Älterwerden einhergeht, ist das Nachlassen der körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Das ist normal und unvermeidlich. Und dann kommt plötzlich und unerwartet Covid 19 dazu. Das ist nicht fair.

Bleiben wir erst einmal kurz bei den positiven Aspekten: Nicht mehr früh morgens dem Diktat des Weckers gehorchen müssen, nicht mehr im Stau stehen, kein Gedanke mehr um Karriere und Aufstieg, keine Auseinandersetzung mehr mit neidischen Kollegen, keinen Chef mehr, der einem sagt, was zu tun ist, obwohl er keine Ahnung hat… All diese Unannehmlichkeiten (und noch etliche mehr) spielen keine Rolle mehr. Der Senior hat das alles hinter sich und kann, wenn er Glück hat, noch en paar unbeschwerte Jahre genießen. Diese Gelassenheit macht sich erst recht jetzt in Zeiten von Corona bemerkbar. Jetzt, da die, die den ganzen Laden am Laufen halten, brutal angeschissen sind – man möge mir verzeihen, aber es ist so –, kann man als Rentner (noch) einigermaßen entspannt in die Zukunft blicken. Die Rentenzahlungen treffen (noch) pünktlich auf dem Konto ein und im Sommer soll es sogar eine Erhöhung der Bezüge geben. Dagegen haben Millionen Arbeitnehmer (Kurzarbeit oder Kündigung), Selbständige und kleine Geschäftsleute schlechte Karten. Ihnen steht durch den nunmehr seit mehr als einen Monat andauernden Lockdown das Wasser am Hals, sie kämpfen um ihre Existenz – und viele von ihnen werden diese Blockade nicht überstehen – nicht wirtschaftlich und auch nicht psychisch.

Will man überhaupt noch älter werden, wenn die kleinsten Freuden gekappt sind?

Wenn man dann noch, wie ich, das Glück hat, mit einer Partnerin zusammenzuleben, mit einer Frau, die mich liebt und die sich um mich sorgt, dann darf ich mich getrost als ein Günstling Gottes betrachten. Schließlich bin ich ja noch relativ jung (Jahrgang 1952) und habe, wenn alles gut geht, noch ein paar angenehme Jahre vor mir. Wir können miteinander reden, uns austauschen, diskutieren, ja, auch streiten – in jedem Falle findet eine Kommunikation statt. Wir essen zusammen, gehen spazieren, arbeiten im Garten und gehen gemeinsam zu Bett. Das ist der große Unterschied zu den Menschen, die alleine leben und die gerade jetzt in Zeiten von Corona diese Einsamkeit zu spüren bekommen: Kein Kaffeeklatsch mehr mit den Freundinnen, kein wöchentliches Skatspiel mit den Kumpels, keine Sauna, kein Fitnesscenter, kein Yoga, kein Tanzkurs, kein Stammtisch in der Lieblingskneipe – nichts, alles verboten! Alle sozialen Kontakte sind gekappt und das, was das Leben lebenswert gemacht hat, wurde von höchster Stelle untersagt. Will man unter diesen Bedingungen überhaupt noch älter werden? Wozu soll das Leben noch gut sein, wenn einem selbst die kleinsten Freuden genommen werden?

Diese Frage hat sich auch unser Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble gestellt und ist zu der Erkenntnis gekommen, dass es nicht richtig sein kann, ALLES, aber wirklich ALLES der Corona-Panik unterzuordnen. Wenn man, wie er, die 77 erreicht hat, denkt man automatisch über die Endlichkeit des Seins nach und begreift das Abtreten von der Bühne als selbstverständliche Konsequenz des irdischen Daseins. Diese Akzeptanz der Endlichkeit kann sich durchaus auch schon ein paar Jahre früher einstellen, doch junge Menschen können diesen Gedanken in dieser Klarheit nicht fassen. Da stehen noch viel zu viele Aufgaben, Herausforderungen, tägliche Bewährungsproben im Wege, die Gedanken in dieser Tiefe nicht zulassen.

„Wenn ich höre, alles andere habe vor dem Schutz von Leben zurückzutreten dann muss ich sagen: Das ist in dieser Absolutheit nicht richtig“, sagt Schäuble. Grundrechte beschränken sich gegenseitig, erklärt er und fügt hinzu: „Wenn es überhaupt einen absoluten Wert in unserem Grundgesetz gibt, dann ist das die Würde des Menschen. Die ist unantastbar. Aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen.“ Was für ein weises Statement von einem Mann, der ja vom Schicksal durchaus nicht nur verwöhnt wurde. Aber er ist jetzt dort angekommen, wo er die Wahrheit sagen darf: Er hat nichts zu verlieren, muss um keinen Posten mehr kämpfen, keine Rücksichten nehmen, niemandem mehr irgendwo reinkriechen… Das war alles gestern. Jetzt geht es nicht mehr um Taktieren und Lavieren, sondern um die nackte Wahrheit. Das ist die Macht der alten Männer!

Das langlebigste Paradoxon in der Geschichte der Menschheit

Eine der schlimmsten Strafen, die einem Menschen im 3. Drittel seines Lebens widerfahren kann, ist Einsamkeit. Der Münchener Arzt Prof. Theiss geht sogar so weit und sagt: „Auch Einsamkeit kann tödlich sein“. So gerne würde man über ein Buch, das man gelesen, einen Film, den man gesehen, eine Nachricht, die man gehört hat, mit einem anderen Menschen sprechen, dessen Meinung dazu erfahren, sich austauschen. Aber es ist keiner da, mit dem man reden könnte. Man muss alles mit sich allein ausmachen. Für viele Einsame fühlt es sich an wie lebendig begraben. Natürlich gibt es auch junge Menschen, die, weshalb auch immer, einsam sind. Aber das ist eher selten. In aller Regel ist es die Not der Alten: Der Partner ist verstorben, die Kinder ­– sofern vorhanden – sind mit sich beschäftigt und haben keine Zeit, von den alten Freunden sind etliche auch schon unter der Erde,­ andere sind schwer krank… Ja, das alles hat mit Älterwerden zutun. Das Paradoxe an diesem Phänomen, dem keiner entkommen kann, ist, dass jeder möglichst lange leben möchte, aber älter werden will keiner. Vermutlich das langlebigste Paradoxon in der Geschichte der Menschheit.

Und dann sind da noch die diversen Krankheiten, die sich mit zunehmendem Alter einstellen und das Leben erschweren. Ich rede nicht über die kleinen Wehwehchen und Zipperlein, über die sich mancher hypochondrische Opa echauffiert. Nein, ich meine die wirklich schwerwiegenden Leiden und Gebrechen, deren Aufzählung ich mir erspare. Die Liste ist endlos – man muss nur einmal darüber nachdenken, was für ein komplexes Gebilde der menschliche Körper ist. Das ist so ähnlich wie mit einem alten Auto, an dem ständig irgendein Mangel auftaucht. Nur mit dem Unterschied, dass der menschliche Organismus um ein Vielfaches komplizierter ist, die Verschleißteile wesentlich zahlreicher sind und eine Reparatur meistens sehr viel aufwändiger und gefährlicher ist, als das Auswechseln der Lichtmaschine oder des Auspuffs. Eine sehr männliche Betrachtungsweise, ich weiß, aber ich stecke nun mal in dieser Haut – die Frauen mögen mir verzeihen.

Den Alten im Pflegeheim hat man jede Würde genommen

Für Menschen meines Alters und mit der mir zur Verfügung stehenden Fitness (Gott sei Dank) lässt sich der Corona-Irrsinn durchaus bewältigen. Ich kann mich/uns selbst versorgen und wir begehen auch strafbare Handlungen, indem wir Freunde auf unsere Terrasse einladen und mit denen gemeinsam essen und trinken – natürlich mit Abstand. Aber was ist mit den Menschen, die 15, 20 Jahre älter sind und ihre letzten Tage in einem Pflegeheim verbringen müssen? Das ist absolut jenseitig. Den ganzen lieben langen Tag eingesperrt in der Einrichtung; Keine Umarmung mehr von der Pflegerin, nicht einmal mehr ein Lächeln, weil ihr Gesicht ja hinter einer Maske verborgen ist; kein Besuch von Kindern und Enkeln – und wenn die letzte Stunde geschlagen hat, ein einsames Sterben ohne die tröstende Hand eines geliebten Menschen.

Hier greift der staatliche Dirigismus in einer Form in die Grundrechte ein, die nicht mehr akzeptabel ist. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es im Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Auf diesen Passus waren wir auch immer stolz. Jetzt, in der Corona-Hysterie, wurde er gekillt. Wie da mit unseren Eltern und Großeltern umgegangen wird, ist absolut inakzeptabel (siehe W. Schäuble weiter oben). Menschliche Würde auszuspielen gegen körperliches Wohlergehen ist ähnlich unmoralisch wie künstliche Ernährung durchzuführen trotz Patientenverfügung, die genau das untersagt. Sterben ist integraler Teil des Lebens, das weiß jeder. Aber dann gebt den Menschen doch wenigstens die Gelegenheit, am Ende noch ein wenig Freude zu haben und schließlich in Würde zu sterben. Das wünsche ich mir für alle Menschen, die ich liebe und die mir nahe stehen – und natürlich auch für mich selbst. Gibt es nach einem arbeitsreichen und möglicherweise entbehrungsreichen Leben eine schlimmere Strafe, als ein sprachloses Dahinvegetieren zwischen Menschen in Masken, ohne jeglichen Körperkontakt. Sorry, Frau Merkel, aber das ist Folter. Dann stirbt meine Mutter mit 92 Jahren eben ein paar Wochen früher, weil ihr das Corona-Virus den Rest gegeben hat, aber sie darf am Schluss noch in das lächelnde Gesicht der Pflegerin sehen und die Hand des geliebten Sohnes halten. Das hat mit Würde zu tun!

Wo Schatten ist, muss auch Licht sein: Aber wo und für wen?

Den Titel meines Artikels „im Schatten von Corona“ habe ich natürlich mit Bedacht gewählt. Hier habe ich mich an das die chinesische Philosophie prägende Prinzip von Yin und Yang erinnert. Das eine kann ohne das andere nicht sein. Das Gute ist nicht denkbar ohne das Böse und wo Schatten ist, muss demzufolge auch Licht sein. Wenn nun Corona der Schatten ist, das Böse, wer oder wo ist dann das Licht, das Gute? Ich muss gestehen: Auf diese Frage habe ich keine Antwort, trotz intensiven Nachdenkens. Cui bono, wem nützt es, ist ja immer die erste Frage, die sich kritische Journalisten wie ich stellen, wenn etwas Seltsames passiert. Sehr oft ist der Bösewicht auch schnell ausgemacht: der Raubtierkapitalismus. – Dieses Mal ist er es wohl nicht. Von einigen Ausnahmen abgesehen, verlieren die Kapitalisten auch durch Corona. Also nochmal: Cui bono? Wenn die ganze Welt darnieder liegt und mehr oder weniger handlungsunfähig ist, fällt es schwer, einen irdischen Schurken auszumachen, der dieses Desaster angerichtet hat. Wer schießt sich schon selbst ins Knie? – Journalistisch kann ich meine Spekulation nicht ausführen, sonst stecken die mich in die geschlossene Anstalt. Literarisch könnte es gehen. Vielleicht veröffentliche ich demnächst eine entsprechende Erzählung zu diesem Thema.

 

„Strategie der Sieger oder Wer wenn nicht ICH“

Als praktische Hilfe biete ich aber jetzt schon mein Buch „Strategie der Sieger oder Wer wenn nicht ICH“ an. Geschrieben zu einer Zeit, als weder ich noch irgendjemand sonst auch nur die geringste Idee von Covid 19 haben konnten. Gleichwohl waren die Menschen auch damals nicht frei von Problemen: im Beruf, in der Partnerschaft, im Umgang mit Freunden, mit sich selbst… Als Dokumentation meiner Erfahrungen als Mental Fitness Coach habe ich dieses Werk verfasst. Es hat damals schon vielen Menschen geholfen, wieder „auf die Spur“ zu kommen, nachdem sie sich irgendwo im Gestrüpp von Herausforderungen, Pflichten, Unzulänglichkeiten und Selbstzweifeln verloren hatten. Diese Belastungen haben sich durch Corona für viele Menschen potenziert. Deshalb ist mein Buch „Strategie der Sieger oder Wer wenn nicht ICH“ heute wertvoller denn je. Es wird gewiss nicht alle Probleme lösen, mit denen Sie es gerade zu tun haben – aber es wird dazu beitragen, der Lösung der Probleme ein gutes Stück näher zu kommen. Zu erhalten im Buchhandel oder noch bester, direkt zu bestellen beim Verlag hier.

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