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Integration von Migranten scheitert an Internet und Satellitenfernsehen

Von Peter Haisenko

Es gab Zeiten, da musste man sich eines Kurzwellenempfängers bedienen, wenn man in der Fremde Töne aus der Heimat hören wollte. Im Zeitalter von Satellitenfernsehen und Internet kann man jetzt an nahezu jedem Ort der Welt Unterhaltung und Nachrichten aus der Heimat und in der Muttersprache empfangen. Das hat gravierende Folgen für die Integration von Migranten in allen Ländern.

Seit Ende der 1970-er Jahre ist zu beobachten, dass die Sprachkompetenz von Migranten bezüglich des Deutschen in Deutschland abnimmt. Dieser Prozess verläuft analog zur Ausbreitung des Satellitenfernsehens. So war zu beobachten, dass vor allem in Wohngebieten, in denen Zuwanderer vermehrt vertreten waren, eine Vielzahl von Satellitenschüsseln angebracht wurden. Man wollte Fernsehen genießen in der Muttersprache. Dass dadurch Erwerb und Gebrauch des Deutschen ins Hintertreffen geriet, ist nur logisch.

Wenn die Sprache omnipräsent ist, fällt das Lernen nicht schwer

Als ich 1974/75 ein Jahr in Phoenix/Arizona lebte, während meiner Piloten-Ausbildung, war die amerikanische Sprache omnipräsent. Wir lebten zwar in einer kleinen deutschen Enklave, aber sowohl die Fluglehrer sprachen mit uns (mangels anderer Fähigkeiten) nur Amerikanisch, und auch bei jeglichem Kontakt mit Einheimischen war man auf diese Sprache angewiesen. So haben wir alle in kürzester Zeit unser Englisch perfektioniert, respektive amerikanisiert. Einen besonders großen Anteil daran hatte das Fernsehen, das natürlich nur in englischer Sprache zur Verfügung stand, ebenso wie sämtliche Zeitschriften und Magazine. Nach einem Jahr in Arizona hatte ich einen fetten „Arizona-Dialekt“ und oft genug wurde ich für einen Amerikaner gehalten. Ich bezweifle, dass diese rasante Annahme des Amerikanischen ähnlich perfekt gelaufen wäre, wenn wir Unterhaltung und Fernsehen in deutscher Sprache zur Verfügung gehabt hätten.

Bevor es Satellitenfernsehen gab, hatte jeder Zuwanderer nur einheimisches, deutsches Fernsehen zur Verfügung. Das war auch eine Zeit, in der in den ÖRR-Medien noch verlangt wurde, grammatikalisch richtiges Deutsch zu sprechen. ( „Wofür“ anstatt „für was“ etc.) So kamen Zuwanderer/Gastarbeiter gar nicht daran vorbei, auch passiv mit der deutschen Sprache vertraut zu werden. Verstärkt wurde dieser Effekt auch dadurch, dass die Anzahl der Zuwanderer vergleichsweise gering war und noch kaum lokale Bereiche existierten, die von Zuwanderersprachen dominiert wurden. Die deutsche Sprache war omnipräsent und unabdingbar für ein „normales“ Leben in Deutschland.

Englisch als „Universalsprache“ behindert das Erlernen der deutschen Sprache

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass mit dem Satellitenfernsehen Fernsehabende im erweiterten – zum Beispiel türkischen – Familienkreis üblich wurden, wenn ein Haushalt türkische Sender empfangen konnte. Dass im Rahmen solcher Zusammenkünfte vornehmlich türkisch gesprochen wurde, ist niemandem zu verdenken und nur natürlich. Dass das aber auch davon abhielt, seine Deutschkenntnisse zu perfektionieren, ist genauso folgerichtig. So ist seit den 1980-er Jahren in zunehmendem Maß zu beobachten, dass Zuwanderer sich einer Form des Deutschen bedienen, die sich in Satzstellung, Intonierung und des Weglassens von wichtigen Bindewörtern deutlich vom richtigen Gebrauch der deutschen Sprache unterscheidet. „Deutsch-Sprech“ ist mehr und mehr zur Normalität geworden und kaum jemand wagt es, auf Fehler im Gebrauch des Deutschen hinzuweisen, weil er dann Gefahr läuft, als arroganter „Rechter“ verunglimpft zu werden.

Der gemeine Deutsche ist stolz auf seine mühsam erworbenen Fremdsprachenkenntnisse. Er freut sich, diese bei jeder sich bietenden Gelegenheit anzuwenden. In Zeiten des Internet wirkt sich das fatal aus auf die Integration von Zuwanderern. Durch das Internet ist die englische Sprache in gewisser Weise zu einer Universalsprache geworden. Wenn Migranten aus dem arabischen Raum oder Afrika nach Deutschland kommen, dann ist es eben Englisch, wenn sie überhaupt eine Fremdsprache ansatzweise gelernt haben. Dadurch entsteht ein Teufelskreis, der Integration massiv behindert.

Zu viele gutmeinende Deutsche kommunizieren mit Migranten in Englisch, teilweise weil sie sich freuen, ihre Fremdsprachkenntnisse anwenden zu können, teilweise, weil es einfach bequemer ist. So wird aber jeglicher Integration ein Bärendienst erwiesen und die Behörden machen da fleißig mit. Anstatt den Gebrauch der deutschen Sprache einzufordern, werden Formulare und anderes in allen möglichen Sprachen verbreitet. Welche Motivation sollen Zuwanderer da noch haben, schnellstens Deutsch zu lernen? Noch dazu, wenn sie im Internet Unterhaltung und Nachrichten in ihrer Muttersprache überall zur Verfügung haben? Man stelle hierzu den Vergleich an, wie es einem ergehen würde, wollte man in anglophonen Ländern auch nur Tage überleben, ohne Kenntnis der englischen Sprache.

Erst wenn man in einer Sprache denkt, kann man sie beherrschen

Betrachtet man dazu Migration in früheren Zeiten, war es immer unumgänglich, in kürzester Zeit die Sprache des Gastlandes zu beherrschen. So muss der Umgang mit Migration in der Neuzeit komplett neu bewertet werden. Und zwar weltweit. Inwieweit ist es überhaupt noch möglich/notwendig, von einem Zuwanderer das Erlernen der lokalen Sprache einzufordern? Bewegen wir uns mit der Migration der Neuzeit in Richtung einer universellen babylonischen Sprachverwirrung oder ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis das Englische alle anderen Sprachen verdrängt haben wird? Das Englisch, das ich speziell im unqualifizierten Gebrauch als die einfachste Sprache der Neuzeit bezeichne, um nicht zu sagen, die dümmste.

Satellitenfernsehen und Internet haben dazu geführt, dass es eines festen und vorsätzlichen Willens bedarf, die Sprache seines Gastlandes zu erlernen und zu perfektionieren. Es entfällt die zwingende Notwendigkeit und das zwangsläufige passive Erlernen. Insbesondere dann, wenn sich Zuwanderer in Bereichen einrichten können, die bereits von anderen Sprachgruppen dominiert werden. Der Umkehrschluss kann in skandinavischen Ländern beobachtet werden. Dort werden englischsprachige Filme in der Regel nicht in der Landessprache synchronisiert und so ist das Englische dort noch präsenter als in Deutschland. Wer nach Skandinavien reist oder einwandert, muss sich kaum die Mühe machen, die dortige Sprache zu erlernen.

Betrachtet man Menschen in Deutschland, die einen jüngeren Migrationshintergrund haben und gut Deutsch sprechen, fällt bei diesen ein Unterschied auf. Es gibt diejenigen, die akzentfrei Deutsch sprechen und die deutsche Sprache so gebrauchen, wie ein Deutscher, der auch auf deutsch denkt. Es gibt aber auch die anderen, bei denen erkennbar wird, dass sie in einer anderen Sprache denken und diese Gedanken erst ins Deutsche übersetzen müssen, wenn sie diese Sprache gebrauchen. Sie haben auch nicht ihren erkennbaren Akzent abgelegt, was darauf hindeutet, dass sie eine andere Sprache als das Deutsche hauptsächlich verwenden. Damit bin ich zurück bei Internet und Satellitenfernsehen, denn es ist natürlich bequemer, wenn man in der Freizeit durch die Sprache unterhalten wird, die die Muttersprache ist und die man besser beherrscht.

Ich weiß genau, worüber ich hier rede, denn mein Vater kam aus Russland. Er hatte zwar die deutsche Sprache einigermaßen erlernt, bevor er sein Leben hier aufnahm. Dennoch konnte ich als Kind schon bemerken, dass er etwas anders sprach, als die anderen. Ich konnte seine diesbezügliche Entwicklung beobachten und es war er selbst, der mir in späteren Jahren sagte, wie sich sein Verhältnis zur Sprache mit der Zeit verändert hat. Früher machte er seine Übersetzungen lieber vom Deutschen ins Russische, später war es umgekehrt. Das war noch vor Satellitenfernsehen und Internet und er sagte mir auch, dass er sein Denken von Russisch auf Deutsch umgestellt hat. Damit bin ich beim Endpunkt: Nur wer in Deutsch denkt, ist wirklich integriert/assimiliert. Satellitenfernsehen und Internet behindern die Entwicklung von Zuwanderern zu diesem Zustand bis zur Nähe der Unmöglichkeit.

Hier können Sie ein kurzes Gespräch (18 Min.) von Peter Haisenko mit Friedrich Michael Vogt zum Thema ansehen: Deutsche Sprache – deutsches Denken – deutsche Identität

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