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 Frau Zahn begann Ihr Werk mit Skepsis 

Potjomkin, Porsche, Patagonien

Von Wilfried Schuler 

3000 km südlich von Santiago gibt es eine Gegend, in der der Puma dem Alpacca gute Nacht wünscht. In der Sprache der Mapuche heißt ein Platz dort Haru Oni, die windige Gegend. Wer hier arbeitet, kann im 20 km entfernten Punta Arenas wohnen und umweltgerecht mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Andere größere Ansiedlungen gibt es in der Gegend nicht. 

Porsche und Siemens machen Kraftstoff aus Luft

Den oben beschriebenen Standort suchten sich die Ingenieure der chilenischen Firma HIF aus und errichteten dort einige kleine Gebäude. Alles wird überragt von einer Windturbine der Marke Siemens Gamesa, die bis zu 3,4 MW leistet. Diese Arbeiten wurden mit hervorragend gut organisierten  PR-Kampagnen flankiert. Die Medien zelebrierten eine Welle der Begeisterung, ob dieser kühnen und klugen Idee. Der Baubeginn war im September 2021 und bereits im Dezember 2022 floss das erste E-Fuel. Aber noch früher, am 2.11.2021, flossen 8,2 Millionen Euro Zuschuss aus Berlin, die noch von Minister Altmaier genehmigt wurden. Die Ingenieure von Siemens und MAN, die als Know-How Geber beteiligt sind, hatten ganze Arbeit geleistet. Der Initiator der Unternehmung war die Firma Porsche.

Der juristische Bauherr und Betreiber ist die chilenische HIF. Vom Geschäftskapital dieser Firma in Höhe von 650 Millionen Dollar hält Porsche 75 Millionen. Der Rest ist in den Händen chilenischer Öl- und Energiegesellschaften. Von den Baukosten von 78 Millionen Dollar haben Siemens 60 und Porsche 20 Millionen getragen. Porsche hat, weitere Leistungen eingeschlossen, über 100 Millionen Euro in das Projekt investiert. 

Das Konzept sah eine Direktabscheidung des benötigten CO2 aus der Luft vor. Parallel dazu die Wasserelektrolyse mit anschließender Methanol-Herstellung, gefolgt von der Umwandlung durch Oligomerisierung zu einer Mischung aus vielen Kohlenwasserstoffen.

Zur Auftrennung dieser Mischung in Einzelkomponenten oder Fraktionen muss sie destilliert werden. Der Leser kennt die Silhouette einer Raffinerie mit den schlanken, hoch aufragenden Türmen der Destillationskolonnen. Link mit dem Bild der Anlage Wer diese schlanken Türme auf dem Bild vergeblich sucht, braucht nicht zum Optiker. Es sind keine Kolonnen da. Wir kommen auf diesen Punkt zurück. 

Hier das Bild der Anlage in Haru Oni. Im Link oben finden Sie weitere Informationan. 

Die Anlage in Haru Oni

Die oben skizzierte Anlage sollte anfänglich 130 000 Liter Treibstoff jährlich liefern. Das hört sich großartiger an als 130 Kubikmeter oder 100 Tonnen. Zur Bewertung der Voraussage, dass man umgehend auf 55 Millionen Liter steigern werde, kommen wir später.

Die Rede ist von einem hochwertigen Benzin mit hoher Oktanzahl. Die Güte dieses Benzins bewiesen die Porsche Experten, als sie mit einem Porsche Carrera 911 bis auf 6734m Meereshöhe an den Hängen des Nevado Ojos del Salado hochfuhren. Ein lächerlicher Stunt erster Klasse, der vom unüberwindlichen Büßereis des Gletschers gestoppt wurde. Porsche spendierte auch den Treibstoff für 11 Außenbordmotoren, die bei einer chilenischen Antarktis-Expedition eingesetzt wurden. Darüber hinaus wurden 34 Porsche Fahrzeuge in der europäischen  Rennserie Porsche  Mobil 1, Super Cup im Jahr 2024 mit hauseigenem E-Treibstoff betankt. Ob die Anlage all das überhaupt schaffen konnte werden wir im Folgenden prüfen.

Münchhausen in Patagonien 

Begleitet von einem gewaltigen Medien-Rummel wurde das Leuchtturm-Projekt, die weltweit erste vollständig integrierte E-Fuel Herstellung, offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Am 20.12.2022 fand die große Sause statt. Die zwei Porsche Vorstände Barbara Frenkel und Michael Steiner tankten diverse extra eingeflogene sehr fotogene Porsche und luden zu Probefahrten. Auch der schwäbische Verkehrsminister Winfried Herrmann war dem Fernweh erlegen. Aus Berlin hatte er die Order erhalten, an der Front die Entwicklung von E-Fuels voran zu bringen. Das tat er und lancierte den pensionierten Ministerialbeamten Uwe Lahl als Berater bei der Firma HIE. Der gelernte Chemiker Lahl arbeitete auch eine Präsentation über die Vorzüge von E-Fuels aus, die auf 30 Blättern alle mögliche Binsenweisheiten über Energiefragen ausbreitet. Die hässliche Tatsache der miserablen Energieausbeute bei der Herstellung  des magischen E-Benzins wird allerdings schamhaft verschwiegen. Ob er damit dem Porsche E-Fuel den Durchbruch ermöglichen wird, bleibt einstweilen offen. 

Nach dem bunten Jahrmarktstreiben folgt der triste technische Alltag. 

Nachdem sich der Rummel verlaufen hatte, tauchte ein amerikanischer Blogger und YouTuber auf. Als er im Zuge seiner Dreharbeit die DAC Anlage sehen wollte, (DAC Direct Air Capturing), stellte sich heraus, dass es diese gar nicht gab. Ihre Ankunft im Hafen von Punta Arenas fand erst ein Jahr nach dem Besuch des Bloggers statt. Ob sie mittlerweile aufgebaut ist, ist nicht bekannt. Provisorisch  bezieht man biogenes CO2 aus einer Brauerei in Punta Arenas. 

Auf die fehlenden Destillationskolonnen wurde bereits hingewiesen. In der Tat findet die Aufarbeitung des Methanols zum E-Fuel nicht in Haru Oni statt, sondern in einer außerhalb gelegenen Raffinerie. Münchhausen hat sich unversehens in Potjomkin verwandelt.

Von den vier wesentlichen Prozessen, nämlich Wasserstoffherstellung, Bereitstellung des Kohlendioxids, Methanolsynthese und Methanol-Oligomerisierung finden zwei Schritte hier gar nicht statt. Sie sind heimlich ausgelagert worden und ihre Abwesenheit wird nur auf Befragung und mit leichtem Erröten gestanden. Damit ist die Sache noch nicht zu Ende. 

Der Bluff springt dem Betrachter ins Auge 

So, wie der amerikanische Blogger vergeblich die DAC-Anlage suchte, sucht auch der Betrachter die Windräder und die Sonnenkollektoren. Es gibt sie nicht. Was die Sonne anbetrifft liegt Punta Arenas auf 53° S. Im Vergleich dazu Hamburg 54° N. Wunderdinge sind von der Sonne nicht zu erwarten.

Tatsächlich sind auch keine PV-Anlagen vorgesehen. Ein beantragter größerer Windpark in der Nähe wird seit Jahren von den Behörden nicht genehmigt. Erst vor kurzem wurde einem Bürgerbegehren statt gegeben und die Errichtung erneut auf Jahre hinaus blockiert.

Mit einiger Verblüffung stellt man fest, dass die einzige Energiequelle das einsame Windrad in der Mitte der Anlage zu sein scheint.

Bei einer Leistung von 3,4 MW könnte man damit bei 8760 Jahresstunden  30 GWh generieren. Zieht man von diesem Idealwert 1/3 ab, wäre es möglich, 1500 Tonnen Methanol jährlich zu produzieren. An die anderen großspurig verkündeten Operationen wie CO2-Beschaffung und die Umwandlung des Methanols ist überhaupt nicht zu denken. Vielleicht waren die Marketing- und PR-Strategen von Porsche mit ihrer damaligen Sause zufrieden. Aber einen technisch versierten Beobachter stimmt die Anlage, und der Rummel der damit verursacht wurde, eher nachdenklich. 5000 Kilometer nördlich stehen die vor 100 Jahren verlassenen Hallen der Salpeter-Anlagen in der Atacama. Ein ähnliches Schicksal wird auch der Anlage in Patagonien widerfahren. Der kleine Unterschied besteht darin, dass im Norden  mit Salpeter große Vermögen verdient wurden. 

Lieber Leser: 

Wir bemühen uns stets um ausgewogene Berichterstattung. Damit die kleine Skizze am Anfang unseres Artikels die Wahrheit nicht verfälscht, hat Frau Zahn sich bereit erklärt, auch die andere Seite der Medaille zu zeigen. Wir danken ihr für Ihre ausdrucksstarken Zeichnungen.

Und es kam schlimmer.
Wir danken ihr für die realistische Darstellung und den Spott mit dem sie ihre wunderschönen Bilder gekrönt hat.

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