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Wie wir mit den Verteidigungsausgaben hinters Licht geführt werden
Von Peter Haisenko
Die Regierung der BRD strebt das Ziel an, fünf Prozent des BIP der BRD für Verteidigung auszugeben. Das klingt nach nicht so viel und wird allgemein als machbar angesehen. Es gab aber einst die Angabe für den Verteidigungshaushalt in Prozent des Bundeshaushalts und noch 2015 waren das 10,32 Prozent. Also alles nicht so schlimm?
Bei der Bundeszentrale für politische Bildung kann man über das Jahr 2015 lesen: „Für das Haushaltsjahr 2015 plant die Bundesregierung Gesamtausgaben in Höhe von 299,1 Mrd. Euro;.. Davon stehen der Bundeswehr insgesamt 32,5 Mrd. Euro zur Verfügung.“ Das entsprach etwa 11 Prozent des Bundeshaushalts und das ist der zweitgrößte Einzelposten. Daran sind wir gewöhnt seit den 1990er Jahren. Seit einigen Jahren hat sich dazu aber der Sprachgebrauch geändert. Es war Donald Trump, der drei Prozent für den Beitrag zur NATO forderte. Will er also weniger, als die BRD schon ausgegeben hat? Weit gefehlt, denn es geht jetzt nicht mehr um den Bundeshaushalt, sondern um das BIP. Um die Bürger nicht zu großen Protesten anzuregen, wurde von Berlin nicht auf den Unterschied zwischen Bundeshaushalt und BIP hingewiesen. Der ist erheblich, um nicht zu sagen enorm.
Fünf Prozent von 4310 Milliarden für das Militär
Laut Statista betrug das BIP, also das Bruttoinlandsprodukt der BRD im Jahr 2024 4310 Milliarden Euro. Zeitgleich wurden in Deutschland insgesamt 947,7 Milliarden Euro Steuern vor der Steuerverteilung von Bund, Ländern und Gemeinden (Gebietskörperschaften) eingenommen. Für den Bundeshaushalt standen 440,634 Milliarden zur Verfügung. Sie sehen schon, da lohnt sich eine kleine Rechnung. Fünf Prozent von 4310 Milliarden sind 215 Milliarden. Für die Ausgaben für die Verteidigung ist nur der Bund zuständig. Das heißt, diese 215 Milliarden müssen allein aus dem Bundeshaushalt gestemmt werden. Ja, jetzt dürfen Sie kurz durchatmen! Unsere Regierung will 48,8 Prozent des Bundesetats für das Militär ausgeben. Das klingt schon ganz anders als fünf Prozent vom BIP. Jetzt wissen wir auch, warum man in Berlin so locker über den Unterschied zwischen BIP und Bundeshaushalt hinweggegangen ist. Man könnte auch von Wählerbetrug sprechen, durch Unterlassung einer korrekten Aufklärung.
Diese knapp 50 Prozent können auch auf andere Weise errechnet werden. Die Steuereinnahmen des Bundes betragen etwas mehr als zehn Prozent des BIP. Wenn also fünf Prozent des BIP für das Militär ausgegeben werden sollen, ist das etwa die Hälfte des Bundeshaushalts.
Kriegswirtschaft ist nicht zukunftsfähig
Nun sollte selbst den Dümmsten verständlich sein, dass der Staat nicht mehr seinen anderen Aufgaben gerecht werden kann, wenn die Hälfte des Etats fürs Militär aufgewendet wird. Man kann diesen Zustand auch Kriegswirtschaft nennen. Damit sind wir bei den „Sondervermögen“. Das ist ein Euphemismus für Schulden und damit ein Betrug am Wähler. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Sondervermögen noch schnell vom alten Bundestag durchgepeitscht worden sind. Und zwar bevor jemand es wagte, diese fünf Prozent zu versprechen. Das wiederum heißt, dass man in Berlin schon vor dem Regierungswechsel diese fünf Prozent fest in der Planung hatte. Alle Parteien, außer dem BSW und der AfD. Man könnte versucht sein, von einer mafiösen Verschwörung zu sprechen mit dem Ziel, „kriegstüchtig“ gegen Russland zu werden. Gegen das Russland, das uns Deutschen, der BRD, nicht das Geringste angetan hat.
Die ersten 100 Milliarden „Sondervermögen“ sind schon verbraten ohne ernsthafte Verbesserung des Zustands der Bundeswehr. Die Wehrpflicht steht im Raum. Allerdings stehen nicht mal ausreichend Kasernen, Ausbilder oder Material zur Verfügung, um eine Armee mit Wehrpflichtigen aufzubauen. Genauso wenig gibt es dafür ausreichende Produktionskapazitäten. Wohin werden also die nächsten 100 Milliarden fließen? An den Militärisch-Industriellen-Komplex der USA. Kein Wunder also, dass Trump einigermaßen freundlich mit Merz umgegangen ist. Kriegstüchtig in fünf Jahren? An diesem wachsweichen Ziel erkennt man, dass noch nicht einmal ein belastbarer Plan für die Aufrüstung existiert. Zwar hat Merz mit den Sondervermögen die Voraussetzungen geschaffen, mit weiteren 100 Milliarden pro Jahr Geld in die Bundeswehr zu pumpen, aber wenn die ersten 100 Milliarden nichts gebracht haben, wer glaubt dann noch, dass es mit den nächsten besser wird? Auch mit 215 Milliarden wird es nicht besser sein.
Der zweifache Betrug
Fünf Prozent des BIP entspricht dem halben Bundeshaushalt. Das heißt, ohne Schuldenaufnahme kann die Aufrüstung nicht funktionieren. Das aber bedeutet, dass diese Aufrüstung auf unabsehbare Zeit mit weiteren Schulden finanziert werden muss. Damit bin ich an einem vitalen Punkt. Jede Schuldenaufnahme eines Staats bedingt eine Steuererhöhung in der Zukunft. Zumindest die Zinsen müssen ja bedient werden. Wenn ein Staat Schulden aufnimmt, dann ist er zu feige seinen Steuerzahlern zu sagen, dass er eigentlich höhere Steuern einkassieren müsste. Wollte der Staat aber diese 215 Milliarden sofort mit Steuereinnahmen gegenfinanzieren, sähe er sich ebenfalls sofort mit massiven Protesten konfrontiert. Schließlich muss jedem Steuerzahler (etwa 40 Millionen) etwa 5.400 Euro abgeknöpft werden oder etwa 450 Euro pro Monat. Und das nur für die Aufrüstung und für viele kommende Jahre, weil diese fünf Prozent nicht zeitlich begrenzt sind. What ever it takes, sagte der Kanzler. Oder auf Deutsch: wieviel auch immer dieser Wahnsinn kosten wird.
So werden wir doppelt hinters Licht geführt. Einmal mit dem Wechsel des Zahlenspiels von Anteilen am Bundeshaushalt zu dem Anteil am BIP. Das ist schon der Faktor zehn. Zum anderen mit dem Sondervermögen, den Schulden, die verschleiern, wie hoch die tatsächlichen Kosten für jeden Steuerzahler sind für die Kriegstüchtigkeit. Und das auf unabsehbare Zeit. Oben drauf kommen dann noch die Kosten – und die Arbeit - für einen Wiederaufbau, wenn es tatsächlich zu einem Waffengang mit Russland kommen sollte. Da sind Chaos, Tod und Verderben noch nicht eingerechnet. So könnte ich versucht sein, die Planer und Akteure dieses selbstmörderischen Wahnsinns gewissenlose Psychopathen zu nennen. Kanzler Merz hat Wahlbetrug begangen mit den Sondervermögen und die neue Sprachregelung, den Aufwand für „Verteidigung“ jetzt mit Prozenten des BIP anzugeben, verschleiert die tatsächlichen Kosten, die auf die Steuerzahler zukommen. Ach ja, Merz wollte doch Vertrauen zurückgewinnen. So wird das nichts. Wann wird es Neuwahlen geben?
Bei all diesen Betrachtungen sind die Folgen eines Atomschlags noch nicht eingeflossen.
