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Das deutsche Asylrecht kehrt zurück zu seinen Wurzeln

Von Peter Haisenko 

1949 war der Kalte Krieg schon im vollen Gange. Unter diesem Eindruck wurde das Asylrecht ins deutsche Grundgesetz geschrieben. Es sollte Menschen im Sowjetreich signalisieren, dass sie jederzeit willkommen sind, wenn sie Stalin entfliehen wollen. Dass dieses Asylrecht Jahrzehnte später einen doppelten Nutzen erhalten sollte, war damals noch nicht absehbar.

Als Lenin seine kommunistische Gewaltherrschaft installierte, gab es große Fluchtbewegungen aus Russland Richtung Westen. Vor allem in die USA und nach England. Es waren zumeist gebildete Menschen, die in der Sowjetunion keine Zukunft für sich sahen. Später nannte man das „brain drain“, also die Abwanderung kluger Köpfe und die westlichen Länder profitierten davon. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs war auch das freundliche Verhältnis zwischen den Alliierten und der Sowjetunion beendet. Ein- und Ausreise aus Stalins Reich war schwierig bis unmöglich. Der Westen unter Führung der USA wollte Signale Richtung Osten senden, dass es hierzulande so gut und freizügig zugeht, dass man jedem Asyl bieten kann, der Stalin entfliehen will. So ist Deutschland zu seinem verbrieften Asylrecht gekommen, das in der Welt einmalig ist.

Mit dem Jahr 1990, dem Fall der Sowjetunion, war der ursprüngliche Sinn des Asylrechts überholt. Dennoch hat man versäumt, oder wollte es nicht, mit der Wiedervereinigung und allen anderen Umbrüchen in der Weltpolitik auch dieses Produkt des Kalten Kriegs zu reformieren oder ganz abzuschaffen. Mit dem Jugoslawienkrieg kamen dann erstmals Asylsuchende zu uns, die nicht mehr in das ursprüngliche Muster passten. Das war aber beherrschbar, auch wegen der kulturellen Nähe der Migranten. Mit dem Jahr 2015 aber, mit Merkels Grenzöffnungen für alle und jede, zeigte sich die verheerende Wirkung eines Grundrechts, das in diesem Sinn nicht so eingerichtet worden ist. Für Afrikaner war es nie gedacht und solange Nordafrika und der Nahe Osten, speziell Syrien, eine kaum überwindbare Sperre für Migranten darstellten, war es auch nicht relevant. Kann man da auf die Idee kommen, die Angriffe auf Syrien auch unter diesem Aspekt zu sehen?

Statt Asylanten kamen Deutschrussen und Juden

Seit 1990 gab es kaum Asylsuchende aus Russland, die Anerkennung hätten erhalten können. Es kamen nur Russlanddeutsche und natürlich Juden aus Osteuropa, die sofort einen nochmals privilegierteren Status genießen dürfen. Jetzt aber, mit dem Krieg in der Ukraine, hat sich das Blatt zurückgewendet zum ursprünglichen Ziel. Kriegsdienstverweigerern und Putin-Hassern soll in Deutschland Asyl gewährt werden. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt, von schweren Repressionen bedrohte Deserteure erhielten im Regelfall internationalen Schutz in Deutschland. "Wer sich dem Regime von Präsident Wladimir Putin mutig entgegenstellt und deshalb in größte Gefahr begibt, kann in Deutschland wegen politischer Verfolgung Asyl beantragen", erklärte die SPD-Politikerin.

Man ersetze hier „Präsident Wladimir Putin“ durch „Stalin“ und schon werden die Parallelen zum ursprünglichen Sinn des Asylgesetzes unübersehbar. Und wieder geht es auch darum, vor allem gebildete Menschen anzulocken, den „brain drain“ fortzusetzen. Aber mit diesem Ansatz wird Putin auch auf eine Stufe mit Stalin gestellt. Unauffällig aber erwünscht. Allerdings steht die jetzige Asyleinladung an Russen unter ganz anderen Voraussetzungen. Es ist nämlich allen Bürgern Russland erlaubt, ihr Land jederzeit zu verlassen. Jedenfalls bis jetzt.

Merz relativiert eine richtige Einschätzung

Das hat wohl auch der Oppositionsführer Merz von der CDU erkannt. Er beklagt nicht nur einen Sozialtourismus von Ukrainern nach Deutschland, hin und zurück, sondern sieht die Gefahren, die sich mit einem Asylangebot für Kriegsdienstverweigerer eröffnen. Er sagte: „... wenn die Bundesregierung das täte, was die Bundesinnenministerin vorgeschlagen hat, nämlich hier jetzt praktisch allen Verweigerern des Kriegsdienstes, der Mobilisierung in Russland Zugang zur Bundesrepublik Deutschland zu verschaffen". Die Union sei "strikt dagegen". Allerdings vermeidet er dabei auszuführen, warum das so sei. Die Antwort ist einfach. Wie will man feststellen, aus welchem Motiv Russen wirklich nach Deutschland kommen wollen. Da kann jeder einfach behaupten, er wäre Kriegsdienstverweigerer und sich so in das deutsche Sozialsystem einschleichen.

Tatsächlich ist es mit den Flüchtlingen aus der Ukraine nicht viel anders. 75 Prozent der Ukraine ist nicht direkt vom Krieg betroffen. Warum also flüchten so viele aus diesem Land? Ist es da ganz falsch, von einem Asyl- oder Sozialtourismus zu sprechen? Siehe hier:
https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20222/wenn-fluechtlinge-mit-dem-ferrari-kommen/
Aber es wäre nicht der deutsche Politikbetrieb, wenn sich Merz nicht umgehend entschuldigt und seinen richtigen Ansatz korrigiert, verwässert hätte. „Ich bedauere die Verwendung des Wortes Sozialtourismus. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.“ Und: „Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung.“ Da muss man genau hinhören. Er hat sich für die Wortwahl entschuldigt, nicht für die Substanz seiner Aussage. Die bleibt bestehen und in den Köpfen hängen. Ist das wieder „Fischen in den Gewässern der AfD“?

Alte Vorurteile werden wieder aufgewärmt

Doch zurück zum aktuellen Umgang mit dem Asylrecht. Es wurde geschaffen, als Waffe gegen die Sowjetunion. Jetzt soll es als Waffe gegen Russland verwendet werden. Dieser Ansatz ist ebenso einfach herzustellen, wie die Revitalisierung des Feindbilds Russland. In meiner Generation kennen wir noch den Schreckensspruch „Die Russen kommen“. 45 Jahre lang, mit Hitler mehr als 50 Jahre lang, war klar, die Sowjetunion ist unser Feind, der uns vernichten will. Dann, nach 1990, gab es eine Pause dieser Doktrin von etwas mehr als zehn Jahren. Der psychologische Anker ist aber nicht aus den Gehirnen verschwunden. Er schlief nur. Spätestens mit dem Beitritt der Krim zur Russischen Föderation wurde er wiedererweckt. Das „aggressive Russland“ ist wieder da. Das aggressive Russland, das den Westen noch nie überfallen hat, sich aber gegen von Westen kommende Angriffe mehrfach verteidigen musste.

Für Imperien wie die USA oder vormals das British Empire, die die Vormacht über die ganze Welt als ihr gottgegebenes Recht sehen, ist es ein ewiger Stachel im Fleisch, nicht in der Lage zu sein, das größte Land der Erde beherrschen zu können. So haben die USA nach dem Zweiten Weltkrieg alle Register gezogen, diesen Energie- und Rohstoffgigant in seiner Entwicklung zu behindern und unter Kontrolle zu bekommen. Eben auch mit dem deutschen Asylrecht. Und nein, es muss nicht verändert werden, es muss nur bekanntgegeben werden, in Richtung Russland, dass es immer noch gilt. Jetzt eben auch für Kriegsdienstverweigerer, obwohl es für die schon immer galt. Nur nicht so offenkundig. So ist das deutsche Asylrecht zurückgekehrt zu seinen Wurzeln, nämlich als Waffe, als Störfaktor, gegen Russland. Aber es gilt: Wer anderen eine Grube gräbt... Spätestens 2015 ist das geschehen. Es bleibt zu beobachten, wie es diesmal ausgehen wird. Ob Friedrich Merz mit seiner Warnung da richtig liegen wird?

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