------------------------------------

---------------------------------------

-------------------------------------

-------------------------------------

„Aktivisten“ sind nicht konstruktiv sondern zerstörerisch

Von Hubert von Brunn 

Es gibt Reizwörter, die inflationär durch die Medienlandschaft geistern und die mir vollkommen gegen den Strich gehen. „Aktivisten“ ist eines davon, die *Innen natürlich eingeschlossen. Überall wo es Stress und Ärger gibt, sind Aktivisten am Start. Der Wortstamm „aktiv“ ist in dieser quasi Berufsbezeichnung zwar enthalten, nur dass ihre Aktivitäten in keiner Weise konstruktiv sind und in aller Regel zu nichts Gutem führen.

Umwelt-Aktivisten, Klima-Aktivisten, Friedens-Aktivisten, Anti-Atomkraft-Aktivisten, Anti-Kohle-Aktivisten, Anti-Windenergie-Aktivisten… Schon allein die Tatsache, dass sehr oft ein „Anti“ davor steht, macht deutlich, dass die „Aktivisten“ in der Regel keinen Plan haben, was sie wie besser machen könnten. Da ist nicht die Spur von durchdachten, praktikablen Lösungsmöglichkeiten für ein wie immer auch geartetes Problem. Nein, man ist dagegen. Das reicht und legitimiert nach deren Selbstverständnis für alle möglichen, auch rechtswidrigen Aktionen. Da werden Gerichtsverhandlungen gestört, Professoren an Vorlesungen und Ex-Politiker an Buchlesungen gehindert (wir haben darüber berichtet) – alles in Ordnung, denn man wähnt sich ja moralisch im Recht.

„Aktivisten“ haben vor nichts Respekt – auch nicht vor Gerichtsurteilen

Oder nehmen wir die erst wenige Tage zurückliegende Auseinandersetzung um das geplante Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide nahe Berlin. Erst zieht der selbstherrliche Vorsitzende des Umweltverbandes „Grüne Liga“, Herwig Mascher, vor Gericht und erwirkt den Stopp der laufenden Rodung einer Kiefernholzplantage. Das Gericht reagiert erstaunlich schnell, weist die Beschwerde des selbsternannten Weltretters ab und genehmigt die Fortsetzung der Rodungsarbeiten. Selbst Grüne-Politiker wie die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop haben sich gegen Maschers Aktion ausgesprochen: „Man muss nicht immer gegen alles sein“, sagte Pop und auch die Mitglieder der „Grünen Liga“ fanden den Alleingang ihres Wichtig-wichtig-Chefs nicht gut und haben ihn kurzerhand gefeuert. Die bei weitem überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in der Region befürwortet die Ansiedlung des Tesla-Werks ohnehin, denn es verspricht perspektivisch Tausende von Arbeitsplätzen und einen beachtlichen wirtschaftlichen Aufschwung.

Das alles ficht Umwelt-Aktivisten natürlich überhaupt nicht an. Sie sind, weshalb auch immer, dagegen und machen ihre Aktionen. Ein Aktivist muss schließlich irgendwie aktiv sein, sonst würde er ja seinen Status verlieren. Einen Tag nach dem Gerichtsurteil, das die Rodungen wieder erlaubt hat, sind zwei Baum-Aktivistinnen auf das Tesla-Gelände vorgedrungen und haben zwei Kiefern erklettert mit dem Ziel, die Rodung zu verhindern, zumindest zu stören. Einen ganzen Tag lang haben „Höhenretter“ der Polizei gebraucht, um die beiden Aktivistinnen von den Bäumen herunter zu holen. Die Baumpiratinnen, wie sie sich selbst nannten, haben mit ihrer Aktion umzäuntes Gelände betreten und sich damit des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht. Sie haben durch ihre Anwesenheit die Sprengung zweier Weltkriegsbomben verhindert und sie haben vor allem und in erster Linie ein Gerichtsurteil missachtet. Da fragt man sich: Woher nehmen sich diese Leute das Recht, sich über alle Gepflogenheiten und gesellschaftlichen Vereinbarungen hinwegzusetzen und „ihr Ding“ als den einzig gültigen Impetus in die Welt zu setzen? Wie krank muss ein Gehirn sein, das einerseits behauptet, die Umwelt zu retten und gleichzeitig durch sein Verhalten deutlich macht, dass es die Gesellschaft, die es angeblich schützen will, nicht im Mindesten interessiert. Mehr an verlogener Egozentrik geht nicht.

Jeder normale Mensch würde ein Urteil, gegen das es keine Berufung und keine Revision mehr geben kann, akzeptieren und den Spruch des Gerichts annehmen. Das setzt aber voraus, dass man die Judikative als solche im demokratischen Gefüge anerkennt. Das mag für Hinz und Kunz gelten, aber nicht für Aktivisten. Ganz egal, wofür oder wogegen sie gerade „aktiv“ sind, reklamieren sie für sich eine moralische Überlegenheit – Recht spielt für sie keine Rolle. Nur dann wenn es – was leider oft genug passiert – zu ihren Gunsten ausgelegt wird. Dann pochen sie auf den Rechtsstaat, den sie im Grunde ihres Herzens zutiefst verachten und verdammen.

In der DDR war der „Aktivist“ ein Neuerer und kein Verhinderer

Der Begriff „Aktivist“ war in der DDR weit verbreitet. Aktivisten waren die, die durch besonderen körperlichen oder geistigen Einsatz dafür gesorgt haben, dass sich das Planziel des Betriebs, für den sie arbeiteten, übertreffen ließ. Es waren die „Neuerer“, die außerhalb der Norm der Planwirtschaft außerordentliche Ergebnisse ermöglicht haben und dafür auch mit Orden und Fotos an der Wand geehrt wurden. Tatsache ist: Diese Aktivisten haben etwas Positives geleistet – für sich selbst, für ihren Betrieb und für ihr Land. Das hat sie herausgehoben aus der Masse der lustlosen Mitläufer, und darauf konnten sie stolz sein. Aktivist in der DDR zu sein war eine Auszeichnung. Und wie sieht das heute aus?

Die Aktivisten unserer Tage leisten nicht den geringsten Beitrag zur Verbesserung einer Arbeitssituation. Sie sind einfach nur dagegen. Und das macht sie mir so widerlich. Ich streite mich intellektuell gern mit jedem über alles – vorausgesetzt er hat Argumente. Der hohle Satz: „Ich bin dagegen“ überzeugt mich nicht. Da muss dann schon ein bisschen mehr kommen. Aber genau diese Argumentation, über die man sich im Zweifelsfall ja auch streiten könnte, haben die „Aktivisten“ nicht. Sie sind dagegen. Das ist ihnen genug. – Mir nicht! Der politische Diskurs kann nur ergiebig sein, wenn Rede und Gegenrede mögliche sind. Mit irgendwelchen verblödeten Aktionen kann man zwar den Alltag stören und die Staatsmacht für eine Zeitlang beschäftigen, den Lauf der Welt wird man nicht aufhalten. Darüber sollten sich die Aktivisten mal Gedanken machen.

Vor allem die Medien sollten einmal kritisch hinterfragen, ob es denn korrekt ist, die selbstgefälligen Selbstdarstellungen der „Aktivisten“ einfach so zu übernehmen. Ob eine ehrliche und wahrhaftige Berichterstattung nicht vielmehr verlangte, dass nicht mehr euphemistisch von „Aktivisten“ gesprochen wird, sondern – je nach „Aktion“ – von Verhinderern, (Zer-)Störern, Rechtsbrechern, Kriminellen – ja, im Zweifelsfall auch von Terroristen. Wer der Wahrheit die Ehre geben will, muss die Dinge auch beim Namen nennen.

Nach oben