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Thomas Cook ist pleite – der Steuerzahler muss blechen

Von Hubert von Brunn 

Das ist wieder einmal ein Lehrstück für Marktwirtschaft nach Gutsherrenart: Misswirtschaft und falsche Firmenpolitik treiben ein großes Unternehmen – hier: Thomas Cook – in die Insolvenz. Die deutsche Regierung hat versäumt, geltende EU-Richtlinien umzusetzen, um deutsche Kunden voll umfänglich zu schützen und ist jetzt um Gesichtswahrung bemüht, indem sie für die Kosten der Pleite-Geschädigten aufkommt. Rund 178 Mio. Euro (vorerst) – zu zahlen vom Steuerzahler.

Im Banken(un)wesen kennen wir das ja schon: Gewinne werden von den Unternehmen und den Managern in Form von Traumgehältern und gigantischen Boni eingesackt. Haben die sich verzockt und das Unternehmen fährt an die Wand, muss die öffentliche Hand, sprich der Steuerzahler, für die Verlust aufkommen. Hier geht es nun ausnahmsweise nicht um eine Bank, sondern um ein englisches (!) Reiseunternehmen, das u.a. durch unseriöse Preispolitik Kunden angelockt hat, die Verbindlichkeiten mangels Masse letztlich aber nicht mehr bedienen konnte. Im September d.J. war dann endgültig Schluss mit lustig und TC musste Konkurs anmelden. Das hatte eben auch Folgen für Hunderttausende deutsche Urlaubs-Schnäppchen-Jäger.

An vielen Urlaubsorten spielten sich dramatische Szenen ab, weil Hoteliers den Gästen den Zugang zu ihren Zimmern verwehrten und sie am Strand oder in Parks nächtigen mussten. Andere hingen in völlig überfüllten Flughafen-Hallen fest und wollten nur noch eines: nach Hause. Wieder andere hatten zum Teil oder auch in voller Höhe für ihre Reise bezahlt, konnten diese aber nicht antreten, weil sämtliche Pauschalreisen von TC gestrichen wurden. Das ist für den einzelnen Betroffenen fraglos höchst ärgerlich und noch ärgerlicher ist es, wenn für die entgangenen Urlaubsfreuden nur eine äußerst geringe Entschädigung (max. 17,5 %) geleistet wird und man auf den Rest der Reisekosten sitzen bleibt.

Vorerst 177,4 Mio. Entschädigung für TC-Opfer – ein Schuldeingeständnis der Groko

Dass ausgerechnet die deutschen Urlauber von der TC-Pleite besonders gekniffen waren, ist die Schuld der GroKo. Bereits 2015 hat die EU eine Pauschalreiserichtlinie verabschiedet – umzusetzen innerhalb von drei Jahren – der zufolge Reisende „vor der Insolvenz des Reiseveranstalters in vollem Umfang geschützt“ sein müssen. Das aber hat die Deutschen – ansonsten willfährige Brüssel-Diener – gerade mal überhaupt nicht interessiert. Mit Rücksicht auf die starke Reise-Lobby hat man es zugelassen, dass die Absicherung für Insolvenzen von Reiseveranstaltern bei der Zurich Versicherung auf 110 Mio. Euro begrenzt wurde. Damit könnte die Branche die Versicherungsbeiträge niedrig halten und mit Dumpingpreisen auf Kundenfang gehen. Im Falle der TC-Pleite reicht diese Deckungssumme aber hinten und vorne nicht. Allein rd. 60 Mio. Euro mussten bereits aufgebracht werden, um 140.000 am Urlaubsort gestrandete Thomas-Cook-Reisende nach Hause zu bringen. Damit bleiben für die rd. 525.000 Urlauber, die ihre gebuchte Reise nicht antreten konnten, gerade mal 50 Mio. Euro übrig.

In dieser, wie gesagt, für die Betroffenen höchst unerfreulichen Situation kommt unsere neue Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) als verfrühtes Christkind um die Ecke und verkündet: „Aus Gründen des Vertrauensschutzes“ (!) springt der Bund mit 177,4 Mio. Euro ein, um die TC-Urlauber zu entschädigen und fügt hinzu: „Die Regierung lässt Thomas-Cook-Kunden nicht im Regen stehen.“ – Na das ist doch mal eine großzügige Geste, möchte man meinen. Ist es aber gar nicht. Die Merkel-Regierung weiß nur zu gut, dass auf den Bund ein Flut von Staatshaftungsklagen zugekommen wäre, bei denen er vor Gericht sehr schlechte Karten gehabt hätte, eben weil er die bereits umgesetzte EU-Richtlinie ignoriert hat. Tatsächlich ist es so, wie der FDP-Fraktionsvorsitzende Michael Theurer formuliert hat: „Dass der Steuerzahler jetzt einspringen muss, ist ein Schuldeingeständnis.“ Sehr treffend hat Olaf Gersemann in der „Welt“ das TC-Desaster kommentiert: „Warum soll ein Steuerzahler, der daheimgeblieben ist, mitzahlen für die Kalamitäten von Fernreisenden? Warum soll der sparsame Wohnwagentourist den Gutverdiener quersubventionieren, der es sich bei Thomas Cook mit fünf Sternen und all inclusive gutgehen lassen wollte?“

Condor ist noch nicht gerettet und kann den Steuerzahler nochmal viel Geld kosten

Reiseexperten fordern jetzt, die Insolvenzversicherung für Pauschalreisen auf mindestens eine Milliarde Euro aufzustocken. Sie begründen diese Summe mit dem größten deutschen Pauschalreise-Anbieter TUI. Wenn der Riese mit einem Jahresumsatz von rd. fünf Mrd. Euro pleitegeht, müsste der Staat nämlich wieder einspringen und dann würde es für den Steuerzahler noch viel, viel teurer. Dieser Vorschlag ist also vernünftig, wird aber der Reiselobby nicht gefallen, denn die Versicherungsprämien werden sich damit drastisch erhöhen und diese Kosten müssen an den Verbraucher weitergegeben werden. Pauschalreisen werden teurer und so mancher wird sich dann überlegen, ob er seinen nächsten Urlaub schon wieder in Hurgada verbringen muss oder ob Usedom nicht auch mal eine Reise wert wäre.

Und wie steht es um die deutsche Fluglinie Condor, die angeschlagene Tochterfirma des Pleite-Konzerns Thomas Cook? Wie die „Wirtschaftswoche“ am gestrigen Freitag berichtete, interessieren sich mehrere Investoren um den Ferienflieger. Angeblich sollen noch vor Weihnachten verbindliche Angebote eingehen. Um den Flugbetrieb erst einmal aufrecht zu erhalten, haben der Bund und das Land Hessen der Airline einen Kredit von 380 Millionen Euro gewährt. Dieser muss dem Magazin zufolge bis zum 15. April zurückgezahlt werden. Bleibt zu hoffen, dass sich das Bieter-Konsortium einigt und der „Andengeier“ weiterfliegen kann. Sonst wird es bitter für die 4.900 Beschäftigten – und natürlich für den Steuerzahler.

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