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Ein Krieg mit Iran wäre das Ende des US-Imperiums

Von Peter Haisenko

Donald Trump ist bekannt dafür, wild loszupoltern, bevor er in Verhandlungen über diplomatische Lösungen eintritt. Siehe Nordkorea und Kim. Mit seiner Aufkündigung des Iran-Atomabkommens hat er nicht nur internationale Kritik auf sich gezogen, sondern demonstriert, dass kein Verlass ist auf Vertragstreue der USA. Siehe NATO-Osterweiterung. Während der letzten Wochen sind bezüglich Iran von beiden Seiten neue Töne zu hören. Wie kommt es dazu?

Trumps ärgste Feinde finden sich nicht irgendwo in der weiten Welt, sie agieren in den USA selbst. Es sind der Militärisch-Industrielle-Komplex, der „Deep State“ und die Finanzwelt, die sowieso eng verwoben sind. Speziell im Fall Iran sollte die „Israel-Fraktion“ nicht unterbewertet werden. Die Phalanx der Trump-Feinde in den USA ist so mächtig, dass er sich nicht auch noch die „Israel-Fraktion“ zum Feind machen kann. Die ist nicht nur in den USA ein erheblicher Machtfaktor. Ist also Trumps Agenda gegen Iran nur davon bestimmt?

US-Marschflugkörper auf Syrien mit lausiger Trefferquote

Donald Trump hat in seiner Antrittsrede dem amerikanischen Interventionismus abgeschworen. Immerhin hat er nun fast zweieinhalb Jahre regiert und keinen neuen Krieg vom Zaun gebrochen. Das ist an sich schon rekordverdächtig – nach US-Maßstäben. Was aber Säbelrasseln betrifft, ist er keinesfalls zurückhaltend. Auch sein Befehl, Marschflugkörper zweimal auf Syrien abzuschießen, war zweifellos eine völkerrechtswidrige Aggressionshandlung, allerdings in einem Krieg, den er nicht begonnen hat. Betrachten wir dazu, was da wirklich geschehen ist.

Tatsache ist, dass bei beiden Angriffen nicht die Hälfte der Geschosse ihr Ziel erreicht hat und die wenigen in Zielnähe kaum Schaden angerichtet haben. Trump ist im ständigen Konflikt mit seinen Militärs, die im Bewusstsein ihrer militärischen Überlegenheit stets angriffslustig sind. So sehe ich die Angriffsbefehle Trumps auf Syrien als einen möglicherweise geschickten Schachzug, seinen Militärs aufzuzeigen, dass die Zeiten ihrer Allmachtsphantasien überholt sind, wenn sie sich an einer wehrhaften Nation vergreifen. Es ist nämlich nicht klar, ob die lausige Trefferquote der Marschflugkörper deren ungenügender Qualität zuzuordnen ist oder elektronischen Gegenmaßnahmen des russischen Militärs. In jedem Fall wäre es interessant zu erfahren, wie die US-Militärs ihrem Oberbefehlshaber die hohe Fehlerquote erklärt haben. In jedem Fall darf davon ausgegangen werden, dass im Pentagon einige Köpfe geraucht haben, wenn sie nicht gerollt sind.

US-Thinktanks erwarten bei einem Waffengang gegen Iran verheerende Folgen für die USA

Der Umgang Trumps mit dem Iran hat das US-Militär gezwungen, sich konkret mit einem Waffengang gegen den Iran zu beschäftigen. Dazu zählt auch die klare Ansage Chinas und Russlands, sie wollten nicht mehr zulassen, dass die USA einfach Staaten angreifen und zerstören. Der Iran, Persien, liegt mit knapp 80 Millionen Einwohnern kurz hinter Ägypten (97 Mio.). Flächenmäßig hinter Saudi-Arabien, das aber nur 34 Millionen Einwohner hat. Als einziger Staat des Nahen- und Mittleren-Ostens verfügt der Iran über die Kapazität, eigenständige technische Entwicklungen voranzutreiben, zum Beispiel in der Raketentechnik oder für elektronische Störgeräte. Wie weit die iranische Militärtechnik wirklich gekommen ist, ist schwer abzuschätzen, aber sie konnten bereits amerikanische Drohnen kapern und unversehrt landen lassen. Fest steht, dass sie in der Lage sind, mit Raketen oder Kampfflugzeugen den gesamten Bereich um den arabischen Golf abzudecken, mit Waffen aus eigener Entwicklung. Zweifellos können sie die Straße von Hormus für Schiffe unpassierbar machen, für Öltanker und Kriegsschiffe.

Mit diesen Themen haben sich auch diverse US-“Thinktanks“ beschäftigt. Ihre Ergebnisse sind verheerend – für die USA. So werden eigene Verluste angenommen, die um die zehn Prozent liegen sollen. Einem Einmarsch mit Bodentruppen wird überhaupt kein Erfolg vorhergesagt. Das Einzige, was erreicht werden kann, ist die vollständige Zerstörung der iranischen Infrastruktur und Produktionsstätten. Das aber auch nur dann, wenn der Einsatz von Atomwaffen zur Anwendung kommt. Das aber, so die klare Feststellung mancher Thinktanks, würde die USA zu einem international geächteten „Schurkenstaat“ machen. Das Fazit lautet: Einen Krieg, einen Angriffskrieg gegen Iran können sich die USA nicht erlauben.

Betrachten wir dazu die Hauptdominanz- und Angriffswaffe der USA: Die Flugzeugträger. Ich stelle hierzu fest: Wenn der erste US-Flugzeugträger durch Feindeinwirkung versenkt worden ist, ist das das Ende des US-Imperiums. Wie real ist diese Gefahr? Sehr! Schon Ende der 1980-er Jahre war das Pentagon geschockt, als ihm Bilder aus den Sehrohren von U-Booten präsentiert wurden, die ihre Flugzeugträger in idealer Abschussposition zeigten. Die Bilder kamen von der Deutschen Marine und der Chinesischen. Beiden war es gelungen, sich unbemerkt mitten in den Flugzeugträgerverband hineinzuschleichen. Sie hätten im Ernstfall diesen Flugzeugträger versenkt.

Ein versenkter Flugzeugträger wäre der Super-GAU für Amerika

Nun wissen wir nicht, inwieweit der Iran selbst über taugliche U-Boote verfügt oder zum Beispiel an der Straße von Hormus Unterwasserwaffen installiert hat, mit denen sie einen Flugzeugträger bereits bei der Einfahrt in den Arabischen Golf versenken können. Das spielt auch keine Rolle, denn U-Boote agieren unter Wasser und es ist nicht einfach, deren Herkunft zu identifizieren, besonders dann, wenn es kleine sind. Ist es da ganz abwegig anzunehmen, dass China oder Russland mit dieser Waffe heimlich eingreifen könnten, um ihre Ankündigung wahrzumachen, Aggressionen der USA nicht mehr zuzulassen?

Ein Flugzeugträgerverband im Arabischen Golf, der den Iran angreifen will, stellt ein Ziel dar, wie beim Tontaubenschießen. Einige Raketen können vielleicht noch abgefangen werde, aber wenn Dutzende auf einmal abgeschossen werden, werden einige ihr Ziel treffen. Allein auf dem Träger selbst befinden sich etwa 5.000 Soldaten. Die amerikanische Öffentlichkeit wird den Tod von so vielen Amerikanern für Nichts nicht akzeptieren. Auch das ist nicht nur auf meinem Mist gewachsen, die US-Thinktanks haben das ebenfalls angeführt.

Nun könnte man meinen, mit dem Irak hat es ja auch funktioniert. Die Situation ist nicht vergleichbar. Der Irak hat nur ganz im Norden einen kleinen Küstenstreifen zum Arabischen Golf und er hatte keine Raketen, die für amerikanische Schiffe eine Gefahr hätten sein können. Der Iran hingegen hat die gesamte Ostküste und Raketen. Angriffe auf Schiffe und auch US-Basen in Saudi-Arabien können aus allen Richtungen kommen und sie hätten alle verdammt kurze Wege, also sehr kurze Vorwarnzeiten. Nein, die USA können mit keinem Flugzeugträgerverband in den Arabischen Golf einlaufen, um den Iran anzugreifen. Auch hierin stimme ich mit den Thinktanks überein. Die USA müssten aus dem Indischen Ozean operieren, mit aufwendiger Logistik, wie zum Beispiel Luftbetankung. Völlig offen ist außerdem, wie Pakistan reagieren wird, wenn der muslimische Bruderstaat angegriffen wird. Die haben nämlich Atomwaffen und Trägerraketen und eine Atombombe reicht aus, einen ganzen Flugzeugträgerverband zum Meeresgrund zu schicken. Wohl auch deswegen hat Trump seine Drohung nicht wahrgemacht, einen Flugzeugträgerverband vor Nordkorea zu stationieren, innerhalb der Reichweite von Kims Raketen.

Das gesamte Machtkonstrukt im Mittleren Osten könnte auseinander brechen

So unverständlich Trumps Vorgehen gegen den Iran erscheint, stelle ich hier eine ganz andere Hypothese in den Raum. Trump zwingt seine kriegsgeilen Militärs, sich mit den neuen Realitäten ernsthaft zu beschäftigen. Russland hat in Syrien vorgeführt, wie effizient es mit seinen modernen Waffen umzugehen versteht. China hat sein Waffenarsenal auf modernen Standard aufgerüstet. Beide zusammen bieten dem US-Imperialismus die Stirn. Von welchen Staaten, außer den NATO-Staaten, können die verhassten USA Unterstützung erwarten? Und selbst hier droht die Türkei wegzubrechen und es ist alles andere als gesetzt, dass sie den USA die Benutzung ihrer Basen in der Türkei für einen Angriff auf den Iran gestatten würden. Die Herren im Pentagon wissen das, spätestens seit sie von Trump gezwungen wurden, sich der Realität zu stellen.

Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich keinen Waffengang zwischen USA und Iran befürchte. Die Entwicklung der letzten Wochen zeigt, dass ich richtig lag. Beide Seiten haben versichert, dass sie keinen Krieg wünschen und die Amerikaner haben Gespräche angeboten. Der Iran hingegen ist sich der strategischen Lage bewusst und reagiert dementsprechend arrogant auf diese Gesprächsangebote. Das einzige Mittel der USA gegen Iran ist somit die Sanktionswaffe und ihre Hoffnung kann nur sein, dass ihre Vasallen sich dem nicht zu energisch entgegenstemmen.

Der Iran hat seit Jahrhunderten niemanden angegriffen. Sollte er jetzt wieder gezwungen werden, sich zu verteidigen, könnte das das gesamte Machtkonstrukt im Mittleren Osten vollkommen über den Haufen werfen. Saudi-Arabien und dessen Öl wären für den Iran leichte Beute, wenn die USA ihren Schutz nicht mehr garantieren können und genau das könnte der Fall sein, wenn die USA Schiffe verlieren und tausende Tote von ihren Basen in Saudi-Arabien nachhause bringen müssen. Selbst der Bestand Israels wäre dann nicht mehr gesichert. Die USA können Iran nicht angreifen, es wäre das Ende des US-Imperiums und so vielleicht sogar der gesamten Vereinigten Staaten von Amerika. Für mich sind also zwei Fragen offen: Wie will Trump aus diesem Dilemma herauskommen? Oder hat er das genau so geplant, um seinen Militärs klarzumachen, dass sein Weg der einzig richtige ist, nämlich den US Interventionismus endlich zu beenden?

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Ein Krieg der USA mit Iran könnte dort zu ähnlichen Verhältnissen führen, die wir seit vielen Jahren in Afghanistan beklagen müssen. Dort muss die Bundeswehr Deutschland am Hindukusch verteidigen. Ist dieser Einsatz gänzlich erfolglos? Ist es möglich, in Afghanistan ein Rechtssystem nach westlichem Muster aufzubauen? Antworten gibt Dr. Joachim Sproß, der mehrmals dort im Einsatz war und aus eigener Erfahrung berichten kann, wie er als Jurist und Offizier die afghanische Justiz beraten hat. Der kleine Band "Verteidigung am Hindukusch" erzählt von den Schwierigleiten mit der Mentalität und skurrilen Erlebnissen, auch mit den US-Militärs. Verteidigung am Hindukusch ist erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen beim Verlag hier.

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