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Tempolimit – das entscheidende Argument wird vernachlässigt

Von Peter Haisenko

“Täglich grüßt das Murmeltier”. Daran fühlt man sich erinnert, wenn es um das Tempolimit auf deutschen Autobahnen geht. Zyklisch holen die rot-grünen Spaßbremsen das Tempolimit aus ihrem Giftschrank. Nur nicht vor Wahlen und das hat einen soliden Grund. Betrachtet man die Zahlen, müssten andere Länder ihr Tempolimit aufheben.

Deutsche Autos setzen Massstäbe. Sie sind ausgelegt für Sicherheit bei hohen Geschwindigkeiten, weil man sie in Deutschland fahren darf. Das bedingt, dass sie bei niedrigeren Geschwindigkeiten noch sicherer sind als zum Beispiel Autos aus den USA, die auf Tempolimits optimiert sind. Wer aus dem Ausland in Deutschland Autos verkaufen will, muss einen erheblichen Aufwand betreiben, deutschen Standards Genüge zu leisten. Kunden weltweit schätzen die Reserven deutscher Autos, weil sie auch bei extrem hohen Geschwindigkeiten immer noch sicher und energieeffizient sind. Wer das ändern will, schadet dem Industriestandort Deutschland.

Die öffentliche Diskussion wird überwiegend emotional geführt

Bei der Diskussion um Tempolimits wird vornehmlich emotional argumentiert. Das liegt zum einen daran, dass es tatsächlich für viele Deutsche eine Herzensangelegenheit ist, “freie Fahrt für freie Bürger” zu haben. Auf der anderen Seite, der rationalen, gibt es kaum ein belegbares Argument für generelle Geschwindigkeitsbegrenzungen auf unseren Autobahnen. Nimmt man die relative Anzahl an Verkehrstoten auf deutschen Autobahnen, müssten alle anderen Länder ihr Tempolimit aufheben. Die deutschen Autobahnen sind die sichersten der Welt. Natürlich liegt das auch daran, dass ihre normative Auslegung den höchsten Sicherheitsstandard hat. Breite Fahrspuren und Standstreifen, intelligente Regelung und Begrenzungen, wo sie sinnvoll sind – leider nicht immer.

Doch nun zu den Zahlen. Auf deutschen Autobahnen sind auf eine Milliarde gefahrene Kilometer 1,6 Verkehrstote zu beklagen. Auf den durchgehend tempolimitierten Land-, Orts- und Bundesstraßen sind es 5,3 Tote. Letztere Zahl ist natürlich nicht mit der Autobahn vergleichbar und schon gar kein Argument gegen Tempolimits. Die Bedingungen sind zu unterschiedlich. Aber der Vergleich mit Autobahnen in Ländern mit durchgängigem Tempolimit schon. Deutschlands Autobahnen sind sicherer als die in Frankreich, Italien oder Nordamerika. Dort sind trotz durchgängigen Tempolimits 1,9 bis 3,8 Tote zu beklagen. Gerade die USA, die Anfang der 1970-er Jahre als erste ein durchgängiges Tempolimit von 88 km/h eingeführt haben, führt die Negativliste der Autobahntoten an. Inzwischen haben sie dort Abschnittsweise wieder höhere Geschwindigkeiten zugelassen, bis zu knapp 130 km/h. Das hat aber auch keine wesentliche Verbesserung gebracht und es ist nicht geklärt, ob es an den Fahrern, den Highways oder der Qualität der Autos liegt. Selbst wenn es sie gäbe, würde keine Statistik veröffentlicht, die eine niedrigere Todesrate bei Importfahrzeugen auswiese.

Nach der Einführung der Tempolimits auf amerikanischen Straßen gab es keine Meldungen über drastische Rückgänge der Verkehrstoten. Ich weiß das, denn just zu dieser Zeit lebte ich ein Jahr in den USA. Es passierte aber etwas ganz anderes. Es begann ein “Krieg” zwischen Highway-Patrol und Autofahrern, der in vielen Hollywoodproduktionen thematisiert worden ist. “Radarwarngeräte” wurden zum großen Geschäft. Es wurde peinlich vermieden, Umfrageergebnisse zu veröffentlichen, ob eine Mehrheit der Amerikaner hinter dieser einschneidenden Beschränkung steht. Weil aber auf einigen Streckenabschnitten das strikte Tempolimit angehoben wurde, ist davon auszugehen, dass man dem wohl großen Unwillen der Amerikaner gegen das generelle Tempolimit entgegen gekommen ist.

Die deutschen Autobahnen sind die sichersten der Welt

In Holland war es analog. Dort wurde ein Tempolimit von 100 km/h verordnet, das die Niederländer kollektiv missachtet haben. Sie fuhren 120 bis 130, wie Messungen ergeben haben. Die Regierung in Den Haag hat das Plebiszit verstanden und das Tempolimit auf 120 angehoben. So geht direkte Demokratie.

In den USA habe ich am eigenen Leib erfahren, wie rammdösig man wird, wenn man mit 88 km/h auf einer Strecke fahren muss, die über viele Meilen stur geradeaus verläuft, man die wenigen Autos bereits minutenlang beobachten kann und weit und breit kein Hindernis in Sicht ist. In Frankreich hat man mittlerweile auch den Ermüdungseffekt durch generelle Tempolimits erkannt und sieht sich sogar genötigt, neben der Autobahn bunte Installationen aufzubauen, damit die Menschen am Steuer vor Eintönigkeit nicht einschlafen. Aber auch diese Maßnahme hat nicht geholfen, die Zahl der Autobahntoten auf deutsches Niveau zu drücken.

Nun wird das Argument bemüht, es gäbe auf deutschen Autobahnen jedes Jahr etwa 70 Tote, wegen überhöhter Geschwindigkeit. Dieses Argument ist eine Chimäre. Was ist wann “überhöhte” Geschwindigkeit? Bei widrigen Straßenverhältnissen können bereits 50 km/h als überhöht gewertet werden und das geht dann auch so in die Statistik ein. Fakt ist, die deutschen Autobahnen sind die sichersten der Welt. Ich habe gelernt, dass man sich niemals “nach unten” orientieren sollte und so können Länder mit Tempolimits nicht als positives Beispiel für deutsche Autobahnen herangezogen werden. Im Gegenteil müssten alle anderen Länder darüber diskutieren, die deutschen Standards zu adaptieren.

Auch das Argument “Umwelt” zieht nicht

Nun zum Argument “Umwelt”. Nach einer Untersuchung der Bundesanstalt für Straßenwesen würden die gesamten CO2-Emissionen in Deutschland durch ein generelles Tempolimit von 120 km/h nur um 0,27 Prozent sinken. Tempo 130 km/h hätte gar keinen Effekt. Auch diese Zahl ist politisch zurechtgebogen. Der Anteil des Straßenverkehrs an den deutschen CO2-Emissionen beträgt 14 Prozent. Betrachtet man also den Reduzierungseffekt durch ein Tempolimit, bezogen auf den Straßenverkehr allein, ergibt sich eine Reduzierung von etwa zwei Prozent. (mal sieben) Aber auch dann wird offensichtlich, dass die (Um-)Welt nicht am deutschen Wesen genesen wird, wenn ein Tempolimit eingeführt würde. Ja, natürlich braucht man weniger Sprit, wenn man nicht mit Höchstgeschwindigkeit fährt. Wo bleibt da aber das allumfassende Argument der Kaufleute, die Zeit, also auch Fahrzeit, mit Geld gleichsetzen? Und ja, es ist mir oftmals sechs Liter Diesel wert, wenn ich nach 600 Kilometern eine Stunde früher ankommen kann, weil ich eben schnell fahre, wo es gefahrlos möglich ist.

Tempolimits sind ein urgrünes Thema. Der momentane Höhenflug der Grünen ist aber auch darauf zurückzuführen, dass sie genau dieses Thema nicht vor den letzten Landtagswahlen hervorgehoben haben. Die Grünen haben nach dem Debakel der letzten Bundestagswahl (8,9 Prozent) eine erstklassige Werbeagentur engagiert. Deren Analyse hat wohl dazu geführt, dass sie ihr sichtbares Führungspersonal ausgewechselt haben und vor den Landtagswahlen ihre “Gespenster” in den Keller gesperrt und Reizthemen ausgeklammert haben. Claudia Roth und Konsorten waren praktisch unsichtbar. Jetzt aber, vor den Wahlen in den neuen Bundesländern, holen sie diese wieder raus. Das dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass sie dort sowieso kaum Erfolgschancen haben und so gefrustete grüne Stammwähler wieder an die Urnen holen wollen.

In einer Leistungsgesellschaft sollte nicht alles “nach unten” nivelliert werden

Mein größter Respekt gilt dem neuen Verkehrsminister Scheuer. In für Politiker völlig unüblicher Weise bezieht er klar Stellung. Er lehnt Tempolimits ab und fordert eine Überprüfung der Schadstoffgrenzen. Die objektiven Fakten sprechen für seine Position. Dennoch bin ich irritiert, dass auch er das unleugbare Argument nicht ins Feld führt, dass deutsche Autobahnen mit freier Fahrt diejenigen sind, die die wenigsten Unfalltoten vorweisen können. Er kann auch keine Statistik anführen, wie das Verhältnis der Unfalltoten auf deutschen Autobahnen ist, zwischen Strecken mit und ohne Tempolimit. Das aber wäre die wirklich interessante Kennzahl, die die Diskussion zurück zur Rationalität führen könnte. Weil dieses Verhältnis nicht ausgewiesen wird, vermute ich, dass auf Strecken ohne Tempolimit weniger Tote zu beklagen sind. Wäre es anders, hätten die Grünen das schon längst öffentlich wirksam ausgeschlachtet.

Die Diskussion um Tempolimits auf deutschen Autobahnen wird irrational geführt. Wirklich stichhaltige Argumente kommen nicht auf den Tisch. Auch ich selbst habe durchaus Freude daran, auf freier Strecke manchmal die Tachonadel nahe 200 km/h zu sehen. Das auch in dem Bewusstsein, dass es mir erspart, unnötige Lebenszeit auf der Straße verbringen zu müssen. Ja, für manche ist jede Geschwindigkeit oberhalb Schrittgeschwindigkeit zu hoch. Aber hier verweise ich nochmals darauf: Man sollte sich nie nach unten orientieren, vergleichen. In zu vielen Bereichen sind Vorschriften schon lange so ausgelegt, dass sie sich an den Fähigkeiten der Dümmsten und Untalentiertesten orientieren. Eigenverantwortung? Fehlanzeige! Das widerspricht den Prinzipien der Evolution.

Eine Gesellschaft, die alles verbieten will, womit Unbegabte nicht zurechtkommen könnten, wird sich früher oder später auf einem generellen Niveau wiederfinden, das dem untersten möglichen Leistungsniveau entspricht. Das kann aber nicht das Ziel einer führenden Industrienation sein, die sich das Etikett “Leistungsgesellschaft” ans Revers geheftet hat. Ein generelles Tempolimit ist ein Baustein auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die in sozialistischer Gleichmacherei alles regulieren will, was eigentlich als ganz normale individuelle Vorsicht in Eigenverantwortung beachtet werden sollte. Für die Regulierung des Straßenverkehrs wäre der Paragraph eins der StVO ausreichend: Jeder muss sich so verhalten, dass er weder sich selbst noch anderen Schaden zufügt. Das sollte auch für die gefahrene Geschwindigkeit auf Autobahnen gelten und die ist dann je nach individuellen Fähigkeiten, Straßenverhältnissen und technischem Standard der Fahrzeuge einzuhalten. Darin ist der deutsche Autofahrer im internationalen Vergleich auf Autobahnen mit und ohne generelles Tempolimit immer noch Weltspitze und das sollte auch so bleiben.

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