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Katarina Barley – die erste Ratte verlässt das sinkende Schiff

Von Peter Haisenko

Wer etwas darüber erfahren will, ob die Spitzen der SPD noch an den Fortbestand der GroKo glauben, der muss wieder einmal die kleinen Nachríchten lesen. So überrascht die Justizministerin Barley mit der Ankündigung, als Spitzenkandidatin der SPD für die Europawahl zu kandidieren. Die ist für den Mai nächsten Jahres angesetzt.

Die Deutsch-Britin Barley hat ihre Zeit als Ministerin noch nicht voll, um eine Ministerpension zu genießen, wenn sie demnächst aus dem gegenwärtigen Amt scheiden sollte. Für eine luxuriöse Altersversorgung wäre sie folglich auf den Fortbestand der GroKo angewiesen. Nach der Bayernwahl und dem erwarteten Ergebnis der Hessenwahl ist das aber alles andere als gesichert. Offensichtlich glaubt auch Frau Barley nicht mehr daran, dass die GroKo nach der Hessenwahl zu halten ist. Wie sonst ist erklärbar, dass sie sich für einen Posten im Europaparlament entschieden hat, der mit ihrer derzeitigen Aufgabe als Justizministerin nicht vereinbar ist?

Wie prekär die Lage der Regierung und der SPD selbst in den Spitzenkreisen der SPD eingeschätzt wird, lässt sich an Barleys Verhalten ablesen. So wartet sie nicht einmal das Ergebnis der Hessenwahl ab, ihren geplanten Abgang als Justizministerin zu verkünden. Das mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass die gesamte Spitze der SPD nach dem nächsten Untergang in Hessen ein gewaltiges Köpferollen befürchtet, das ebendiese aus allen Ämtern und Privilegien katapultieren könnte. Danach wäre es unwahrscheinlich, dass die komplett durchgerüttelte SPD den Versagern der alten Spitze noch hochdotierte Positionen zuschanzen wird und genau darum geht es bei einem Europamandat.

Die ganze Verlogenheit der Politik wird offenkundig

Barleys Verhalten ist zwar taktisch nachvollziehbar, zeigt aber auf, dass es ihr mehr um ihr eigenes Wohlergehen geht, als um ihren Amtseid oder ehrliche politische Überzeugung. Sie geht davon aus, dass sie so fein raus ist mit einem Spitzenplatz für Europa, nach der großen Aufräumaktion, die der SPD bevorsteht. Da könnte sie sich täuschen. Zu durchschaubar ist ihre Aktion, als dass ihr die neuen Führungszirkel der renovierten SPD diesen Bonus weiterhin zugestehen werden. Die "jungen Wilden", die die alten Polit- und Postenschacherer hinwegfegen werden, können gar nicht anders, als genau diese Postenschacherei als erstes zu revidieren. Zudem wollen die neuen natürlich selbst an die bequemen Fleischtöpfe.

Die Spitzenkandidatur Barleys für Europa zeigt die ganze Verlogenheit der Politik auf. Unaufhörlich wird betont, wie fest man zueinander steht und selbstverständlich daran glaubt, die politischen Erdbeben zu überstehen. Insgeheim aber wird schon Vorsorge getroffen, die eigene Haut zu retten. Altgediente SPD-Granden sind hier weniger betroffen. Sie haben ihre Schäfchen schon im Trockenen, was ihre Altersvorsorge angeht. So kann sich Außenminister Maas bereits entspannt zurücklehnen, mit einer gesicherten Ministerpension im Kreuz. Ähnliches gilt für alle Abgeordneten, die lange genug – wenn auch oft nur sporadisch – ihre Zeit im Bundestag abgesessen haben. Für Barley gilt das noch nicht vollständig.

Die Ratten verlassen das sinkende Schiff und Barley ist die erste, die sich so offenbart. Dass sie nur einen Spitzenplatz auf der Europa-Liste akzeptiert, macht weiterhin deutlich, wie wenig Vertrauen sie selbst in einen möglichen Erfolg der SPD auch bei der Europawahl hat. Es ist völlig offen, wieviele Sitze die SPD da überhaupt noch erobern kann und da muss man schon sehen, seinen sicheren Platz unter den ersten Zehn zu haben. Wohlmöglich hat das Beispiel Frankreich ihre Fluchtaktion beflügelt, denn dort sind etablierte Altparteien einfach verschwunden. Frau Barleys Kandidatur für das Europaparlament straft alle Lügen, die immer noch behaupten, sie glauben an einen Fortbestand der GroKo.

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