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Trump, die NATO und die Idee einer europäischen Armee

Von Peter Haisenko 

Als die NATO nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, hatte sie eine einzige Aufgabe: Eine möglichst große Verteidigungsallianz zu bilden, gegen einen möglichen Angriff von Stalins Sowjetunion gegen den freien Westen, diesen vor dem Kommunismus zu schützen. Mit dem Ende der Sowjetunion ist dann die NATO ihrer Existenzberechtigung verlustig gegangen und es wurde – zwar sehr verhalten aber absolut berechtigt – über deren Auflösung diskutiert. Wie wir wissen, kam es nicht dazu.

Die Sowjetunion und der Warschauer Pakt hatten sich aufgelöst und die GUS, die „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“, der russische Rest, befand sich in einem jämmerlichen Zustand, inklusive seines Militärs. Mit dem ersten Golfkrieg haben die USA den Russen gleich gezeigt, „wo der Hammer hängt“. In dem Sinn: Kommt auf keine dummen Ideen, wir können euch auch im achten Stockwerk unter der Erde pulverisieren. Der Kapitalismus hatte „gesiegt“, Russland war nicht mehr ein weltpolitischer Faktor. Anstatt nun die NATO aufzulösen, oder wenigstens radikal herunterzufahren, hat dieses „Verteidigungsbündnis“ das Vakuum ausgenutzt und seinen Machtbereich schamlos bis an die russischen Grenzen ausgeweitet.

Putins ausgestreckte Hand in Richtung Deutschland durfte nicht sein

Parallel dazu begann ein beispielloser Aufkauf der russischen Nationalökonomie durch das westliche Kapital. Solange sich Russland unter Jelzin nicht dagegen gewehrt hat, war es ein gutes Russland. Dann kam Putin. Er hat dem Ausverkauf einen Riegel vorgeschoben und den Wiederaufbau erfolgreich vorangetrieben. Gleichzeitig hat er aber auch um Zusammenarbeit angesucht – unter anderem 2001 mit seiner Rede vor dem deutschen Bundestag. Man darf davon ausgehen, dass sich Putin zu diesem Zeitpunkt noch nicht bewusst war, dass er mit seiner ausgestreckten Hand in Richtung Deutschland und Europa in Konflikt trat mit der hundertjährigen Doktrin Washingtons, Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland unbedingt zu verhindern. Es war vorbei mit der herablassend freundlichen Haltung des Westens gegenüber Russland, das nicht mehr wie ein besiegter Hund die Kehle zum Biss anbot.

Beginnend 1991 haben die USA immer skrupelloser das Völkerrecht verspottet und Regime-Changes vorangetrieben – mit der Finanzwaffe und direkter militärischer Gewaltanwendung. Mit der Zerschlagung Jugoslawiens war auch Europa direkt betroffen. Die Arroganz der Macht in einer nun unipolaren Welt hat Millionen Menschen Leben und Lebensgrundlage genommen. Die sicheren Bollwerke Syrien und Libyen gegen Migration aus Afrika können Europa nicht mehr schützen. Während Russland bei der Zerstörung Libyens noch ungläubig staunend zugesehen hat, hat es die totale Zerstörung Syriens durch sein Veto verhindern können. Das war wohl das endgültige Startsignal für Washington, Russland in einen Krieg zu treiben, der zwei Fliegen mit einer Klappe erschlagen hätte: Die Zerstörung der aufstrebenden Ökonomie Russlands – und des ewigen Rivalen Deutschland.

Trumps Wahl zeigt bereits Wirkung in der US-Außenpolitik

Dann passierte Trump. Die Wahl dieses Geschäftsmanns, der von niemandem abhängig ist, hat die Neocons und den Militärisch-Industriellen-Komplex in einen Schockzustand versetzt. Donald Trump hat sich bereits im Wahlkampf eindeutig positioniert. Er will keine weiteren Regime-Changes mehr zulassen, die CIA an die Kandare nehmen und auch nicht mehr den Weltpolizisten spielen. Er erkennt die Sezession der Krim an als das, was sie ist, eine souveräne Entscheidung des Volks. Trump, der Geschäftsmann, weiß, dass eine kriegführende Nation niemals dauerhaft eigenständig wirtschaftlich bestehen kann, ohne wiederum dauerhaft andere Nationen zu knechten und auszubeuten.

Seine Wahl zum Präsident der USA zeigt bereits Tage nach der Wahl Wirkung, zwei Monate bevor er sein Amt antreten wird. Und sie zeigt noch etwas. Die schockierten Transatlantiker sind gar keine. Sie sind tatsächlich Vasallen des Militärisch-Industriellen-Komplex´, also gewissenlose Kriegstreiber. In Syrien und der Ukraine schrillen alle Alarmglocken. Nur zwei Tage nach der Wahl bekämpft das US-Militär zusammen mit Russland die Al-Nusra Terroristen, die die USA, oder vielleicht besser die CIA, bislang mit Ausbildung, Aufklärung und Waffen unterstützt haben. Kein Wunder, hat doch Trump klar gesagt, dass er Assad keineswegs stürzen will, denn er hält ihn für einen Garant der Stabilität in der Region. Wie weise für einen Mann, der angeblich von Außen- oder Weltpolitik keine Ahnung hat. Zeitgleich hat sich der Gouverneur von Odessa in der Ukraine, der in Georgien zur Fahndung ausgeschriebene Saakaschwili, klammheimlich von seinem Posten verabschiedet. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.

Trump weiß mehr über Europa als ihm unterstellt wird

Die Wahrheit ist, dass Trump wahrscheinlich der Präsident sein wird, der am meisten Ahnung von Europa hat. Schließlich kommen Ehefrau Nummer eins und drei aus Tschechien bzw. Slowenien. Gerade Melania, die dritte und aktuelle, geboren 1970, hat mit Mitte zwanzig erleben müssen, wie ihre Heimat Jugoslawien brutal zerstört wurde, eben durch einen wohlorganisierten Regime-Change. Und auch seine erste Frau, Ivana, wird ihm einige Erkenntnisse über Europa und die Ukraine vermittelt haben. Aber auch als Geschäftsmann wird Trump schnell erkannt haben, dass die Putschregierung in Kiew ein Fass ohne Boden ist und dass man mit Russland sicher bessere Geschäfte machen kann. Wieder kein Wunder, dass in Kiew alle Alarmglocken schrillen – siehe Saakaschwili.

Nun hat Trump ein differenziertes Verhältnis zur NATO angekündigt. Mehr noch nicht und das vorsichtig. Damit greift er eigentlich nur die Diskussion der 1990er Jahre auf, die spätestens 2001 mit dem „Krieg gegen den Terror“ abgewürgt worden ist. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum unsere Häuptlinge derart panisch darauf reagieren: Man müsse jetzt unbedingt über eine europäische Armee nachdenken und überhaupt geriete die „Sicherheitsarchitektur“ ins Wanken. Zunächst einige Überlegungen zu einer europäischen Armee. Prinzipiell finde ich die Idee nicht schlecht, doch sie hat zu viele „Aber“. Würde man jetzt eine solche Armee aufstellen, würde sie unter denselben Defiziten leiden wie der vorschnell eingeführte Euro: Es fehlt der politische Überbau. Wer soll das Oberkommando haben? Sollen alle 27(28) Parlamente der EU-Länder über jeden Einsatz abstimmen, können, dürfen, müssen? Gibt es ein Vetorecht? Was wird sein, wenn Frankreich in seinem Einflussbereich einen Alleingang wünscht? Der Fragen sind viele.

Wer ist der Feind, der Europa militärisch bedroht?

Im Prinzip gibt es die europäische Armee schon. Man arbeitet doch zusammen und hält gemeinsame Manöver ab. Aber die entscheidende Frage wird überhaupt nicht gestellt, geschweige denn in Diskussionen darüber angesprochen: Wogegen oder gegen welches Land soll sich Europa überhaupt verteidigen müssen? Wer sollte Europa wie und warum militärisch bedrohen, gar angreifen wollen oder können? Betrachten wir die geopolitische Lage: Europa ist eine Halbinsel/Kontinent, die im Osten Grenzen mit der Türkei und Russland teilt. Weißrussland und die Ukraine können wir hierbei getrost vergessen. Besteht irgendeine Gefahr, dass die Türkei Europa angreifen könnte? Russland? Ja, natürlich, werden Flintenuschi und Konsorten jetzt sagen, man muss gegenüber dem „aggressiven Russland“ Stärke zeigen. Dem Russland, das seit 1980 – und damals war es die Sowjetunion, nota bene! – niemand angegriffen oder bedroht hat? Das Russland, das geduldig zugesehen hat, wie sich die „friedliebende“ NATO an seine Grenzen vorgeschoben hat?

Die Zeiten sind lange vorbei, als mit Kriegen territoriale Gewinne erreicht werden sollten. Seit dem Ersten Weltkrieg war es nur noch das Ziel westlicher Kriege, (wirtschaftliche) Konkurrenten auszuschalten, zu zerstören, zu verkleinern. Infrastruktur und Produktionsmittel zu zerstören, damit lästige aufkommende Konkurrenz auf unabsehbare Zeit mit der Wiederherstellung derselben restlos beschäftigt ist. Zutreffend hat die London Times 1919 geschrieben: „Wenn Deutschland in den nächsten 50 Jahren wieder anfängt Handel zu treiben, haben wir diesen Krieg umsonst geführt“. Russland hat eine mehr als ausgeglichene Handelsbilanz, vor allem durch seine Energieexporte. Russland ist folglich in der Lage, noch mehr zu importieren und steht in dieser Hinsicht ganz im Gegenteil zu den USA. Welchen Sinn könnte es also haben, seine Handelspartner anzugreifen oder gar zu zerstören, wenn man alles einkaufen kann, was man von dort braucht, dann nicht mehr bekommen könnte? Nur wer in einem Paralleluniversum lebt, reduziert auf den Gebrauch des Kleinhirns, kann sich vor einer militärischen Aggression Russlands fürchten und deswegen mehr Ausgaben für das Militär fordern.

Trump strebt einen „New Deal“ mit dem amerikanischen Volk an

Europa, ebenso wie die USA, kann sein Militär reduzieren auf einen soliden Küstenschutz. Die eingesparten Milliarden sollten verwendet werden für positive Zwecke, der Renovierung von Schulen und Infrastruktur, einer Altersvorsorge, die den Menschen die Sorge nimmt. Und hier komme ich zurück zu Trump. Genau das will er machen und wer ihm zugehört hat, wird erkennen, dass er sich damit ganz in der Nähe von Roosevelt (FDR) und dessen „New Deal“ bewegt, der so nach der Depression die amerikanische Nation in kürzester Zeit wieder auf Vordermann gebracht hat. Dass dieser dann in die Kriegsproduktion pervertiert ist, steht auf einem anderen Blatt und ist heute nicht mehr zeitgemäß.

Im Gegensatz zu unseren europäischen Häuptlingen, den Vasallen des Militärisch-Industriellen-Komplex´, hat Trump die Zeichen der Zeit und den Willen der Wähler richtig gelesen und interpretiert. Wenn unser toller Präsidentschaftskandidat Steinmeier Trump einen Hassprediger nennt, liegt er völlig daneben. Er selbst und seine Regierungskumpanen sind die Hassprediger. Hassprediger gegen Russland und Putin und das wird ihnen böse auf die Füße fallen mit einem Donald Trump, der den friedlichen Ausgleich sucht mit Russland und auch China. Im Übrigen: Eine andere Chance hat er gar nicht, wenn er Amerika wieder großartig (das ist die richtige Übersetzung für „great“) machen will, das Land mit dem größten Außenhandelsdefizit aller Zeiten. Ob man die NATO dann auflöst, eine europäische Armee aufstellt oder nicht, spielt letztlich keine Rolle.

 

„Wenn Deutschland in den nächsten 50 Jahren wieder anfängt Handel zu treiben, haben wir diesen Krieg umsonst geführt“.  Wer mehr über diesen unsäglich entlarvenden Satz der London Times erfahren will, dem empfehle ich mein Buch "England, die Deutschen, die Juden und das 20. Jahrhundert". Hier weise ich nach, dass es das Britsh Empire war - und eben nicht das Deutsche Reich - das den Ersten Weltkrieg wollte, ja unbedingt brauchte. Nicht nur das. England war mit dem Ausgang des Ersten Weltkriegs so unzufrieden, dass es zumindest nichts getan hat, um den Zweiten zu verhindern. Im Buchhandel oder direkt vom Verlag hier bestellen.

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