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Gewalttätige Demos gegen Trump – Wo bleibt die Demokratie?

Von Hubert von Brunn 

Demokratie ist ein schwieriges Unterfangen und sie funktioniert umso besser, je konsequenter alle Beteiligten die Spielregeln einhalten. Der Idealzustand, dass alle das tun, ist in der Theorie denkbar, funktioniert in der Praxis aber nicht, weil zu viele Egoismen unterwegs sind. Menschen, die eben nicht das große Ganze, das Allgemeinwohl im Blick haben, sondern ausschließlich das „Ich“. Sie nutzen die in einer demokratischen Ordnung als conditio sine qua non gegebene persönliche Freiheit schamlos aus, um ihrer subjektiven Wahrheit – und sei sie noch so kleingeistig, verquer und demokratieschädlich – Raum zu verschaffen, notfalls mit Gewalt. Dieses kontraproduktive Verhalten können wir in allen Demokratien, in allen gesellschaftlichen Schichten und in unterschiedlichster Ausprägung beobachten.

Ein Beispiel für jenes korrumpierte Demokratieverständnis liefern uns gerade gewalttätige Demonstranten in einigen Städten der Vereinigten Staaten. Amerika hat gewählt und das Ergebnis ist eindeutig. Die Mehrheit hat sich für Donald Trump als künftigen Präsidenten entschieden und die Verlierer um Clinton müssen dieses Ergebnis akzeptieren. So ist es nun mal in einer Demokratie und die Hillary-Wähler erkennen diese Tatsache mehrheitlich auch an. Aber dann gibt es eben auch Leute, die wollen diese fundamentale Spielregel partout nicht einhalten. Weil das Wahlergebnis nicht ihren Erwartungen entspricht, gehen sie vermummt mit Eisenstangen und Pflastersteinen bewaffnet auf die Straße, skandieren „Not My President“ und inszenieren gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Für diese „Demonstranten“ ist Demokratie nur so lange akzeptabel, wie Wahlen nach ihrem Gusto ausgehen. Ist das nicht der Fall, entscheiden sie sich für die Diktatur der Straße.

Verwöhnte Bürschchen ohne Bezug zur Realität

Das ist schon schlimm genug, aber ich fürchte, es ist nur die halbe Wahrheit. Stellt sich doch die Frage, ob diese Krawallmacher tatsächlich alle glühende Hillary-Verehrer sind und ihrer tiefen Enttäuschung über die verlorene Wahl Luft machen wollen. Einige vielleicht, die meisten eher wohl nicht. Hätte sie gewonnen, würde die Meute genauso in den Straßen toben und skandieren: „Not My President“, denn in Wirklichkeit geht es ihnen gar nicht um politische Meinungsäußerung. Was sie wollen, ist Randale, Aufruhr, Dampf ablassen, sich in Szene setzen, dagegen sein – wogegen auch immer. Wie bei uns in der linksradikalen Antifa-Szene, rekrutieren sich jene Streetfighter keineswegs aus den unteren, abgehängten Schichten, die womöglich allen Grund hätten, ihren Unmut auf der Straße kundzutun.

Nein, sie kommen überwiegend aus gut bürgerlichen bis reichen Verhältnissen, groß geworden im Überfluss, von Kindesbeinen an daran gewöhnt, alles zu bekommen, was sie wollen. Das lässt sich schon allein daran ablesen, wo diese gewalttätigen Demonstrationen hauptsächlich stattfinden. In den großen Städten in den Küstenregionen: Los Angeles, San Francisco, Miami, Portland, Philadelphia, Atlanta…, also dort, wo die gebildete, wohlhabende, elitäre Mittel- und Oberklasse Amerikas zuhause ist. Zusätzlich von einseitiger und diskriminierender Berichterstattung der Medien gefüttert, können sich diese verwöhnten Bürschchen überhaupt nicht vorstellen, wie es den armen Schweinen im Mittleren Westen, die durch die Globalisierung alles verloren haben, wirklich geht. Es interessiert sie auch nicht wirklich, denn sie haben den Bezug zur Realität längst verloren. Sie sind gelangweilt, wollen ihr Mütchen kühlen, wollen das, was sie sonst in den Videospielen an ihren Computern durchexerzieren, auch einmal live erleben, wenigstens ein bisschen: Gewalt.

Demokratie“ befindet sich in einem bedenklichen Zustand

Diese von rücksichtslosen Egomanen hervorgerufene Verrohung in demokratischen Gesellschaften illustriert den äußerst bedenklichen Zustand, in dem „Demokratie“ inzwischen angekommen ist. Armselige Kleingeister, deren geistiger Horizont dem einer Stubenfliege entspricht, agitieren und attackieren, nicht selten unter der Gürtellinie, machen Stimmung, hetzen auf, beschimpfen und verunglimpfen – im Internet, auf der Straße, bei Veranstaltungen. Jeglicher Respekt vor der Integrität und der Unversehrtheit des Andersdenkenden (vgl. Rosa Luxemburg) ist ihnen abhanden gekommen. Den kritischen Diskurs gehen sie erst gar nicht ein, weil sie argumentativ dazu nicht in der Lage sind. Sie begnügen sich mit Bösartigkeiten und haltlosen Attacken gegen alles und jeden, was ihnen gerade nicht in den Kram passt.

Das muss aufhören! Hier müssen alle Demokraten, egal welcher politischen Couleur, mit vereinten Kräften entschieden dagegen halten. Globalisierung und Internet haben fundamentale Veränderungen mit sich gebracht, haben die Menschen verändert – und auf diese Veränderung muss Demokratie als politisches System reagieren. Wenn die Demokratie das beste Gesellschaftssystem bleiben will, muss sie sich diesen Veränderungen anpassen, indem sie einige der bis dato selbstverständlich gültigen Spielregeln ändert, sprich verschärft. Als Vorbild mag hier die Straßenverkehrsordnung herhalten: Weil es zu viele Unfälle mit betrunkenen Autofahrern gab, hat man die Promillegrenze von 0,8 auf 0,5 Promille herabgesetzt. Weil es zu viele Unfälle mit Kindern vor Schulen und Kitas gab, gilt dort heutzutage überwiegend Tempo 30. Unzählige Beispiele könnte man anführen, wie die Regeln der sich verändernden Verkehrssituation angepasst wurden. Weshalb sollte das mit den Spielregeln der Demokratie nicht gehen?

Ich will mich hier nicht im Detail verlieren – es wäre der Stoff für ein ganzes Buch. Soviel aber sei gesagt: Wenn sich unsere Politiker weiterhin feige davor drücken, diesem – ich nenne es einfach mal – „Sittenverfall“ Einhalt zu gebieten, dann ist absehbar, dass unsere Demokratie, die längst begonnen hat, sich selbst von innen her aufzufressen, in wenigen Jahren ein nicht mehr zu organisierendes Ordnungsprinzip sein wird. Es wird alles auseinanderfallen, die heute schon existierende Ellbogengesellschaft wird endgültig die Oberhand gewinnen und alle Wohlmeinenden werden sich als Verlierer empfinden. Dass das nicht gut gehen kann, liegt auf der Hand. Die Verlierer werden nach einem „starken Mann“ rufen, der sie aus diesem Chaos herausführt – so wie es die Deutschen 1933 schon einmal praktiziert haben. Dieses Menetekel ist die logische Konsequenz aus der Schwachheit und der Hilflosigkeit unserer Demokratie, ob man es hören will oder nicht. Wehret den Anfängen, kann ich nur sagen.

Schmähungen gegen jemand, der noch gar nichts getan hat

Kommen wir noch einmal zurück auf die Randalierer in den USA und den dort erkennbaren Verlust jeglichen demokratischen Verständnisses. Zu den demokratischen Spielregeln gehört es üblicherweise, dem neu gewählten Kandidaten, für welches Amt auch immer, 100 Tage einzuräumen, in denen er sich beweisen kann. Wenn innerhalb dieser Frist schwerwiegende Fehler begangen oder Wahlversprechen in eklatanter Weise gebrochen werden – dann kann ich als Bürger auf die Straße gehen und gegen bestimmte Entscheidungen, mit denen ich nicht einverstanden bin, demonstrieren – nicht randalieren. Donald Trump hat aber noch gar nichts getan. Er ist noch nicht im Amt und niemand, wirklich niemand kann vorhersagen, wie er dieses Amt denn tatsächlich ausfüllen wird. Ihn im Vorfeld derart zu verteufeln, ist menschlich unterste Schublade und Ausdruck eines völlig pervertierten Demokratieverständnisses.

Ja, und weil die Zufriedenheit des Einzelnen mit der jeweiligen Lage, in der er sich befindet, in erster Linie mit seiner wirtschaftlichen Situation zu tun hat, kann ich nicht umhin, am Ende auch dieses Artikels auf die Humane Marktwirtschaft nach Haisenko/von Brunn hinzuweisen. Dort ist auf vergleichsweise wenigen Seiten, sprachlich verständlich und in sich schlüssig dargelegt, was getan werden muss, um eine gerechte Welt zu schaffen, ein Wirtschaftssystem, von dem alle Menschen profitieren und das jeden Einzelnen gemäß seiner Bereitschaft, sich für das große Ganze einzubringen, honoriert. Die sogenannten Wirtschaftsfachleute haben dieses Buch bisher weitgehend ignoriert – sie hätten zugeben müssen, dass ihre ein Leben lang verbreiteten Thesen falsch sind. Gleiches gilt für die großen Medien: Sie hätten dem Mainstream abschwören müssen, was ihnen natürlich nicht erlaubt wird. Aber es gibt Leser, viele Leser und es werden täglich mehr, die in dem Wirtschaft- und Finanzsystem nach Haisenko/von Brunn das Fundament für eine gerechtere und friedliche Welt erkennen. Der deutsche Soziologe Max Weber hat einmal gesagt: „Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.“ Wir bohren weiter.

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