ARD-Bericht über das Ungarn-Referendum – Propaganda im schlimmsten DDR-Stil
Von Peter Haisenko
Thomas Roth hat sich am 2. Oktober mit den Tagesthemen verabschiedet, und zwar mit der schlimmsten Propagandashow, die ich seit langem ertragen musste. Das Hauptthema war das Referendum in Ungarn zur Flüchtlingspolitik. Man erfuhr, dass Orban mit seinem Referendum total gescheitert sei, weil – und das nur in einem Nebensatz – das Quorum von 50 Prozent nicht erreicht wurde. Gespannt hatte ich darauf gewartet, etwas darüber zu erfahren, wie denn nun die 40 Prozent derjenigen, die zur Wahlurne gegangen sind, abgestimmt hatten. In einem Nebensatz des Brüssel-Korrespondenten gab es darauf den einzigen, gut versteckten Hinweis.
Blankes Entsetzen kann nur herrschen ob der weiteren Kommentare aus dem EU-Parlament. Nur Schadenfreude zu konstatieren wäre zu wenig. Graf Lambsdorf zum Beispiel sprach sinngemäß von einer Niederlage des ungarischen Diktators. Nur in Nebensätzen berichtet auch „Bayern 5“, dass von den 40 Prozent, die abgestimmt haben, 98 Prozent für die Linie Orbans gestimmt haben. Hier von einer Klatsche für Orban zu sprechen, erinnert mich an einen Witz aus den 1960er Jahren: Kennedy und Chruschtschow haben ein Autorennen veranstaltet. Kennedy hat gewonnen. Die Prawda meldete das Ergebnis so: Chruschtschow hat einen ehrenvollen zweiten Platz belegt und Kennedy ist nur Vorletzter geworden.
Interpretation nach Gutsherrenart: Was nicht passt, wird passend gemacht
Die anständige und journalistisch neutrale Berichterstattung hätte lauten müssen: 98 Prozent haben sich an der Urne für Orbans Kurs ausgesprochen, aber das Quorum ist mit 40 Prozent Wahlbeteiligung verfehlt worden und so ist das Referendum nicht bindend, als ob es nicht stattgefunden hätte. Das ist es, was uns dieses Referendum mitteilt. Für die restlichen 60 Prozent war das Thema wohl nicht so wichtig, aber man darf davon ausgehen, dass – sehr konservativ geschätzt – mindestens die Hälfte der Nichtwähler mit Orbans Kurs einverstanden ist und so ist es sicherlich nicht falsch zu konstatieren, dass nicht weniger als 70 Prozent der Ungarn Orbans Kurs mindestens billigt, wenn nicht gutheißt. Orban liegt folglich völlig richtig, wenn er einen Wahlausgang zu seinen Gunsten reklamiert. Vergessen wir nicht, dass die Volksabstimmung über das Rauchverbot in Bayern zum Beispiel Gültigkeit erhielt, obwohl tatsächlich nur weniger als 20 Prozent ihre Stimme für das Rauchverbot abgegeben haben und so über die noch wenigeren Gegenstimmen triumphieren konnten. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 30 Prozent.
Auch die Interpretatoren des ungarischen Wahlergebnisses biegen sich die Realität in bester DDR-Manier zurecht. Der große Sieg der Opposition läge darin, dass sie die Wähler von der Teilnahme am Referendum abhalten konnten. Das kann nicht treffen. Das Referendum fand nach demokratischen Standards statt, jeder konnte seine Stimme abgeben und niemand konnte im Voraus wissen, wer wie abstimmt. Niemand wäre Repressionen ausgesetzt gewesen, wenn er gegen Orbans Kurs gestimmt hätte. Wenn also Orbans Kurs von einer Mehrheit nicht getragen würde, dann hätte diese Mehrheit ihrer Meinung Ausdruck verleihen können. Diese Mehrheit gibt es offensichtlich nicht, wie die 98 Prozent Zustimmung der abgegebenen gültigen Stimmen beweisen. Die geringfügige Wahlbeteiligung ist wohl eher der allgemeinen Stimmung geschuldet, dass der Ausgang der Wahl sowieso klar ist und es auf meine Stimme nicht mehr ankommt. Ein bekannter und oft beobachteter Vorgang.
Öffentlich-rechtliche Berichterstattung und die Wahrheit gehen oft nicht zusammen
Das nächste Propagandastück lieferte Thomas Roth dann zum Thema Trump ab. Eine US-Zeitschrift berichtet, dass Trump über Jahre keine Steuern bezahlt hat. Das war der breit ausgewalzte Tenor des „Berichts“. In nur einem dezent versteckten Nebensatz wurde erwähnt, dass sich Trump nach Steuerrecht vollkommen legal verhalten hat. Wo also ist die Sensation, die mit dieser Berichterstattung suggeriert wird? Nichts, aber auch gar nichts kann Trump hier zum Vorwurf gemacht werden, wenn er nach gültigem Recht und Gesetz so wenig Steuern wie eben rechtmäßig möglich bezahlt hat. Dementsprechend amüsiert hat mich dann auch Trumps Reaktion auf die schäbigen Anwürfe. Sinngemäß sagte er, dass er das amerikanische Steuerrecht am besten kenne und deswegen wohl auch am besten wisse, was an diesem Steuersystem verändert werden müsse, um für die einfachen Bürger Steuergerechtigkeit herzustellen. Der Tagesthemenbericht aber hinterließ beim oberflächlichen Betrachter den Eindruck, dass der böse Milliardär Trump den Staat fortlaufend durch Steuerhinterziehung betrogen hat.
Die ARD hat sich schon früher ähnlich propagandistisch verhalten. Zu MH 17 hat sie die Machwerke von Elliot Higgins und Bellingcat als reine Quelle der Wahrheit präsentiert, obwohl mit nur geringfügigem Rechercheaufwand hätte klar sein müssen, dass diese Quelle ebenso unglaubwürdig ist, wie vorab die „Berichte“ des „Moses Brown“ aus Syrien, als Elliot Higgins noch unter diesem Namen erwiesenermaßen Falschmeldungen verbreitet hat. Hier von „Lügenpresse“ oder schlampiger Recherche zu sprechen, würde der Wahrheit nicht nahe kommen. Hier wird in bester DDR-Manier Propaganda betrieben. Da wäre die nächste Beschwerde beim Presserat fällig, denn die zwangsfinanzierten GEZ-Medien haben den öffentlich-rechtlichen Auftrag, umfassend und neutral die Bürger zu informieren. Gerade in den letzten zwei Jahren sind diesbezügliche Beschwerden auf ARD und ZDF eingehagelt – ohne jede Wirkung. Das ist auch in diesem Fall zu befürchten und so kann auch diese Beschwerde ohne Umweg im eigenen Papierkorb landen.
Nachtrag
Bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz im ZDF war im „Heute-Journal“ der Grundtenor zum Ausgang des Referendums in Ungarn nahezu identisch: Orban musste eine böse Schlappe einstecken. Hier durfte aber immerhin ein Regierungsmitglied vor die Kamera treten und (sinngemäß) sagen: „Was wollen Sie? Immerhin haben mehr als 3 Millionen Ungarn mit NEIN gestimmt. Wenn das kein Erfolg ist?“ – In der Tat: Bei einer Einwohnerzahl von 9,9 Millionen sind die Stimmen von 3,2 Millionen Wahlberechtigen durchaus beachtenswert. Dass Marietta Slomka in ihrer Anmoderation von einer „milliardenschweren Kampagne“ sprach, die Orban initiiert hatte, um für das Referendum zu werben, sei nur am Rande erwähnt. Im Beitrag selbst wurde dann, wiederum in einem Nebensatz, die Zahl 40 Millionen genannt. Man kann sich ja mal versprechen, aber dann sollte man auch so fair sein und die Korrektur des Versprechers nachliefern – wenn es denn einer war!
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