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Das erweiterte Gottesbild

Von Hans-Jörg Müllenmeister 

Nun gut, bisher habe ich mir mein Gottesbild (s. Artikel Entwerfen wir ein vages Gottesbild) so zusammengebastelt, dass weder Masse noch Zeit als physikalische Größen für das allmächtige Überuns eine Rolle spielen. Dazu habe ich die Lichtgeschwindigkeit als Naturkonstante ignoriert und sie hypothetisch gegen Unendlich gehen lassen, damit Gott ohne Zeitverlust überall gleichzeitig im Universum wirken kann. Immerhin könnte Gott als der Naturgesetzgeber eine „Ausnahme“ für sich bei einzelnen selbst festgelegten Naturkonstanten machen. Mein Konstrukt der Überlichtgeschwindigkeit ist indes in der Tat gar nicht vonnöten, wenn das göttliche, masselose Wesen bereits vor Ort an jedem Punkt des Universums zu jeder Zeit präsent ist. Wie wäre das aber denkbar? Im folgenden biete ich dazu eine physikalische Idee an.

Betrachten wir doch einmal „zum Anwärmen“ einen fundamentalen Schöpfungsakt: den genialen Speicher aller Erbinformationen, unsere DNA. Dieses Mikro-Gebilde benötigen wir zur Entwicklung, Funktion und Reproduktion unseres Lebens: Ein schier unglaublicher Informationsspeicher für unseren gesamten Lebensbauplan, eine biologische Gebrauchsanweisung, die jede unserer Zellen mitführt. 

Vorab eine ehrfürchtige Würdigung unserer DNA

Die Erbsubstanz befindet sich im Zellkern aller menschlichen Zellen (Ausnahme: die roten Blutkörperchen). Sie besteht aus einer Kette von vielen Nukleotiden, die eine schraubenförmige Doppelhelix bilden. All das ist in der Masse einer menschlichen DNA vereint. Wie schwer ist dieses Mikrogebilde? Nur ungefähr 3 Pico-Gramm pro Zelle, eine 3 mit 12 Vorkommastellen. Pro Zelle haben wir eine etwa 2 m lange DNA. Bei rund 10 hoch 13 Zellen im menschlichen Körper, kommen wir auf eine Gesamtlänge von 2 x 10 hoch 10 km. Verblüffend, denn das ist etwa 130 mal der Abstand zwischen Erde und Sonne. 

Die DNA, ein Verpackungsgenie

Könnte man die DNA einer unserer Zellen in der Länge ausbreiten, ergäbe sich, wie oben gesagt, ein rund zwei Meter langer Molekül-Strang, der normalerweise lose-klumpig verknäuelt im Zellkern liegt. Vor jeder Zellteilung jedoch bringt sich das Erbgut in seine kompakte „Transportform“: ein fundamentaler Prozess der Genetik. Nur so kann das Erbgut korrekt auf die Tochterzellen aufgeteilt werden. Dabei agiert jede Zelle bei der Zellteilung als genialer Verpackungskünstler. Dafür legt sich die DNA erst in immer kleinere, sich überlagernde Schlaufen. Darauf drehen „Protein-Motoren“ diesen verdickten Strang zu einer spiraligen Wendeltreppe: Das göttliche „Drehbuch“ des Packprozesses nimmt seinen Lauf. Doch wie genau die Zellen den Übergang von der lose verknäuelten DNA zu den kompakten Chromosomen in wenigen Minuten erreichen – und das ohne Fehler, Knoten oder Schäden der DNA – bleibt wohl Gottes Geheimnis. Und wo bleibt da Gott? Gemach, gemach, der kommt noch.

Oder bedenken Sie, dass in einem winzigen Orchideen-Samen von nur wenigen Milligramm die komplette Information der ganzen Farb- und Gestaltungspracht der Orchidee steckt. Oder betrachten Sie die winzigen Geißeln, die effektiven Biomotoren der E.coli Bakterie mit einer Masse von nur 2 x 10 hoch Minus 12 Gramm, die sich bis zu 250 mal pro Sekunde drehen. Dafür muss wahrscheinlich eine bestimmte Anzahl an Protonen als Antriebsenergie durch den elektrochemischen Motorwinzling wandern. 

Information ist der Schlüssel zum Verständnis des Gottesbildes

All diese Beispiele aus dem Mikrokosmos zeigen uns eins: Ursächlich muss dazu eine Information vorliegen, die eine Handlung auslöst. Information ist nicht Bestandteil der Materie, denn sie ist masselos! Information ist, ohne tief in die Informationstheorie einzudringen, weder Materie noch Energie, sie ist eine pure geistige Größe. Und Leben kann nur aus Leben entstehen; es funktioniert strikt nach Naturgesetzen. Dahinter steckt eben nur ein Urheber, der Gesetzgeber, nämlich Gott selbst. Niemand von uns Erdlingen kann die Naturgesetze außer Kraft setzten. Diese Naturgesetze widersprechen sich nicht, kennen keine Ausnahmen, sie sind unverändert im ganzen Universum über Zeit und Raum gültig. Vor allem entstehen Naturgesetze nicht aus irgend welchen Zufallsprozessen. Um aber eine Information von einem Ort A zu einem Ort B zu übertragen, bedarf es eines geistigen Urhebers, einem intelligenten Sender, der Kraft seines Willens seine Information gezielt über ein Codesystem absetzt. Um diese Nachricht zu verstehen, muss auf der Empfangsseite das Codesystem bekannt sein. Denken Sie wieder an das DNA-Molekül. Es gibt wohl kaum einen Informationsspeicher, der eine so gewaltige Informationsdichte zulässt wie dieses Urwunder der Natur. Dagegen sind unsere digitalen Speichermedien bloß „blutleere“ Informationsträger. 

Gott ist überall wo Leben existiert

Jetzt wird auch klar, dass ein DNS-Molekül von einem superintelligenten Sender angesteuert wird und die einzelne Körperzelle die Information kennen muss. Mehr noch, dieser einzige Urheber muss allwissend und ewig sein, er muss nicht-materielle Komponenten haben. So komme ich auf die Idee, dass Gott nicht irgendwo da draußen punktuell im Universum thront, sondern im gesamten Kosmos ständig vor Ort verbreitet ist, eben da wo er Leben „installiert“ und betreut. Nicht etwa nur das irdische Leben, das wäre zu einschichtig und zu langweilig für einen höchst intelligenten Welten-Erbauer. Vielleicht hat er sich irgendwo im Lichtjahre-weiten Kosmos längst einen neuen Versuchsaufbau für eine bessere Menschheit ausgedacht: zwar willensgesteuerte aber friedvolle Wesen, ohne einen ausgeprägten Hang zum Materialismus. 

Auf meiner Suche nach Gott als „masselose Gottesstruktur“, stoße ich im Universum auf bekannte Filamentbündel als Metapher: die klusterhafte, fadenförmige Ansammlung von Galaxien. So ähnlich stelle ich mir das göttliche nicht-materielle Informationsmeer vor: eine Art waberndes Fadennetz aus Information, ausgesponnen über das gesamte Gottesreich. So eine Fadenstruktur kennen wir auch in der Theoretischen Physik. Danach bestehen die Grundbausteine der Natur nicht aus Atomen (von wegen átomos „unteilbar“), sondern aus schwingenden Fäden, den sogenannten Strings, ausgedehnt in einer zehndimensionalen Raumzeit. Viel zu absurd, als dass wir uns das vorstellen können.

Eigentlich ist dieses masselose, physikalische Gottesmodell logisch nicht zu widerlegen, also in sich schlüssig. Und doch hat ein jeder seine eigene Gottesvorstellung – sie sei jedem unbenommen. Gottesleugner haben es schwer. Dazu gehörte auch der Astrophysiker Stephen Hawking. Schließlich muss das Leben im Universum irgend einen „Verursacher“ haben. Leben ist kein Zufall, es ist gottgegeben. 

Das Wesentliche aber, was uns die Schöpfung schenkt, ist nicht nur die pure Information „Leben“, denn Gott ist vor allem der Urquell der Liebe (Agape). Dies ist auch eine der charakteristischen nicht-materiellen Gottes-Qualitäten, die sich über sein Informationsnetz verbreiten. Vielleicht sollten wir uns ihrer bewusst sein und unser Leben danach ausrichten.

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