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Milliarden für Lufthansa – ausgerechnet Ryanair stänkert dagegen

Von Peter Haisenko 

Die Diskussionen über die Arbeitsbedingungen bei Ryanair sind schon fast in Vergessenheit geraten. Wirklich gebessert hat sich aber nichts. Das verschafft O´Leary Vorteile in der Krise, die andere mit fairen Arbeitsverträgen nicht haben. So ist es nur noch unanständig, wie er jetzt gegen anständige Airlines stänkert.

Zunächst muss festgestellt werden, dass die Berichterstattung über die Hilfen an Lufthansa geradezu fahrlässig unvollständig ist. Die allenthalben genannten neun Milliarden werden als Geschenke wahrgenommen, was aber so gar nicht ist. Die Summe teilt sich auf in mehrere unterschiedliche Chargen. Wie aus Insiderkreisen bekannt geworden ist, hat sich am Gesamtvolumen von neun Milliarden Euro nichts mehr geändert. Danach soll der Staat für rund 300 Millionen Euro 20 Prozent an der Lufthansa übernehmen. Der Löwenanteil der Hilfen besteht aus einer stillen Einlage in Höhe von 4,7 Milliarden Euro. Hinzu kommt eine weitere stille Beteiligung über eine Milliarde Euro, die in Aktien umgewandelt werden kann, wenn der Staat eine Übernahme der Fluggesellschaft verhindern will. Die Lufthansa müsse zunächst vier Prozent Zinsen darauf zahlen. Später steigt die Verzinsung auf bis zu 9,5 Prozent. Die Staatsbank KfW steuert einen Kredit über drei Milliarden Euro bei. Über die Zinshöhe dieser Charge konnte ich noch keine Informationen finden.

Lufthansa ist immer fair und anständig mit ihren Angestellten umgegangen

Es ist zwar richtig, dass 300 Millionen € für 20 Prozent Aktienanteil eher ein Schnäppchen ist, aber dieser Teil ist die Voraussetzung für eine Erhöhung über 25 Prozent, um feindliche Übernahmen abblocken zu können. Es ist die Stille Beteiligung, die das Ganze beherrscht. Nachdem der momentane Börsenwert der Lufthansa bei etwa vier Milliarden liegt, wird die Dimension schon sichtbar. Hierauf müssen sofort Zinsen in Höhe von vier Prozent abgeführt werden, was in den heutigen Zeiten leicht als exorbitant bezeichnet werden darf. Diese Zinslast steht vorrangig vor jeglicher Dividendenausschüttung und eine kleine Rechnung zeigt schnell, dass in den nächsten Jahren nichts übrig bleiben wird für echte Dividenden. Steigt der Zinssatz dann noch auf 9,5 Prozent von immerhin bis zu 5,7 Mrd., dann geht alles, was normalerweise als Dividende ausgeschüttet würde, an den Kreditgeber, also den Staat oder besser gesagt an uns, die Steuerzahler. Nicht zu vergessen: Die Kredite müssen auch noch zurückgezahlt werden. Unter normalen Umständen würde kein Unternehmen derartige Konditionen akzeptieren. Die drei Mrd. von der KfW müssen ja auch noch bedient werden. Schlimmer geht’s eigentlich nicht.

Lufthansa war zumindest bis 1990 ein ausgesprochen sozial aufgestellter Konzern und das war auch Teil des Erfolgsrezepts. Bis heute hebt sich die LH immer noch von Billigfliegern ab durch einen immer noch beispielhaft guten Umgang mit ihren Mitarbeitern. Auch jetzt hat die LH nur einen Nebenzweig geschlossen und ansonsten völlig auf Kündigungen verzichtet. Gehälter und Betriebsrenten werden pünktlich ausbezahlt. Hier komme ich zu Ryanair. Man erinnere sich an den Skandal über die Beschäftigungsmodelle des Herrn O´Leary! Große Teile der Piloten und Stewardessen wurden wie Subunternehmer mit eigenem Risiko behandelt. Das heißt: Nur abgeleistete Flugstunden werden bezahlt. Alle Sozialabgaben waren in der Eigenverantwortung der genannten Gruppe.

Da kann Herr O´Leary leicht rummaulen, denn mit dem Corona-Stillstand sind auch größte Teile der Zahlungen an Personal einfach weggefallen. Sein Modell zeigt gerade jetzt Wirkung und er kann eine dicke Lippe riskieren. Es zeigt aber auch, wie fahrlässig die EU-Regulierungsbehörde gehandelt hat, denn das Modell Ryanair ist ein direkter Rückfall in frühkapitalistische Ausbeuterpraxis, die als überwunden gelten sollte. Ryanair hat sein unternehmerisches Risiko auf seine Angestellten übertragen. Auch das ist Teil des „Erfolgs“ von Ryanair.

EU-Wettbewerbshüter messen mit zweierlei Maß

Insgesamt ist festzustellen, dass jedem Unternehmer, dem der Betrieb seines Unternehmens verboten wird, ein Recht auf Entschädigung zusteht. Das muss für alle gelten, also Gastbetriebe, Künstler, Friseure...die Liste ist schier endlos und ich will auch hier nochmals auf das „horizontale Gewerbe“ hinweisen. Sogar Rechtsanwälte haben Probleme, weil Prozesse auf irgendwann verschoben worden sind. Natürlich darf dabei nicht übersehen werden, dass alles, was jetzt angeblich vom Staat bezahlt wird, von uns, den Steuerzahlern bezahlt werden muss. Selbst wenn sich manifestieren sollte, dass unsere Häuptlinge wegen mangelhafter Datenlage fahrlässig oder sogar vorsätzlich falsch gehandelt haben, bleibt der Schaden nicht an ihnen hängen. Die Diäten und Ministergehälter werden nicht angetastet und bestraft wird dafür sowieso niemand.

In ganz Europa müssen die großen nationalen Fluggesellschaften unterstützt werden. Es ist aber die deutsche Lufthansa, wo besonders kritisch hingesehen wird. Air France und Alitalia erhalten still und leise ihre Milliarden ohne besondere Auflagen und das sind Fluggesellschaften, die schon lange an der Insolvenz vorbeischrammen. Der Zustand ist also, dass die einzig erfolgreich operierende Lufthansa mit diesen „Hilfspaketen“ in einen Zustand versetzt wird, der dann dem der schlecht aufgestellten entspricht. Da muss man sich nicht wundern, wenn die „Personalvertretung Kabine“ einen Brandbrief an von der Leyen und EU-Wettbewerbskommissarin Vestager geschickt hat: „Die Bedingungen, die Sie an die Rettung unseres Unternehmens knüpfen, sind für uns erschütternd.“

Die plakativ in den Vordergrund gestellten Auflagen für die LH für den Erhalt der „Hilfen“ sind dementsprechend auch mehr Symbolpolitik. So ist es eher eine Lachnummer, wenn die LH jetzt für die „Hilfen“ einige wenige „Slots“, also Verkehrsrechte abgeben muss, die zurzeit sowieso niemand haben will oder bedienen kann. Dennoch wird gerade die LH mit den Bedingungen für ihr Überleben besonders hart getroffen, aber in der Luftfahrtbranche läuft seit Jahren ein Kampf gegen Airlines, die ihre Angestellten klassisch anständig behandeln. Es ist auch ein Kampf der Kaufleute, die schon immer versuchen, die Gehälter der Piloten zu drücken. Vergessen wir nicht, dass das die einzige Branche ist, in der Produktive, also Kapitäne, mehr verdienen können als die Kaufleute und das geht nach deren Philosophie gar nicht. Als Herr Ruhnau Vorstandsvorsitzender der LH war, hat er das offen ausgesprochen.

Die gesamte Luftfahrt- und Tourismusindustrie ist nach Monaten des Arbeitsverbots eigentlich komplett Pleite. Will man den Rückfall in die totale kapitalistische Ausbeutung verhindern, muss eben zu Mitteln gegriffen werden, die nach den klassischen Regeln der Ökonomie völlig inakzeptabel sind. So ist es zur Zeit eigentlich gleichgültig, wie die wirklich große und nachhaltige Katastrophe zumindest abgefedert wird. Wie üblich steht dabei die Luftfahrt im Rampenlicht und das ist gut so, denn dann wird manchem wenigstens ein wenig bewusst, welche Verbrechen an unserer Wirtschaft begangen worden sind. Dass sich dann der oberkapitalistische Ausbeuter O´Leary über Hilfsprogramme mokiert, sollte ihm irgendwann um die Ohren fliegen. Ich kann dazu nur sagen: Was erlauben O´Leary! Und bitte merkt euch das und fliegt nicht mit Ryanair, so viel billiger sind die auch nicht, wenn man alles zusammenrechnet.

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