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Magnesium: der gute Geist im Stoffwechsel

Von Hans-Jörg Müllenmeister

Vor Jahrmilliarden war unser Planet die Hölle für das Leben. Und doch, irgendwann entwickelten sich die ersten Lebensformen. Diese standen in engem Kontakt mit den Mineralien des Vulkangesteins. Ob an der Grenzschicht zwischen der toten Materie – den Metallen – und der lebendigen Materie eine Art Informationsnetz bestand, wäre ein spekulativer Gedanke. Geschickt nutzten aber die Organismen die metallischen Geschenke der Erde, denn ihnen fehlte noch so etwas wie eine zündende Idee zum Weiterleben. Die Genialität der Evolution offenbarte sich, als das erste Leben „auf Probe“ die benachbarten Metallverbindungen in die Organismen einschleuste: Vielleicht entwickelte sich daraus der erste selbsterhaltende Stoffwechsel: eine der Grundsäulen des Lebens. Einige Metall-Ionen übernahmen sogar leitende „Führungspositionen“ im Prozess des Lebens.

Das Erdalkalimetall Mg: reaktionsfreudig und überall daheim

Von einem spannenden Metall sei hier die Rede: dem Magnesium. Maßgebend ist es wohl am ersten Geniestreich der Evolution beteiligt, der Photosynthese. Seitdem bildet Magnesium das wichtige Zentralatom im Chlorophyll, dem Blattgrün der Pflanzen. Ähnlich aufgebaut ist übrigens der rote Blutfarbstoff Hämoglobin; hier machte das Eisenatom als Zentralbaustein das Rennen. Was uns vor allem interessiert: In welcher Weise ist Magnesium am Stoffwechsel im menschlichen Körper beteiligt?

Das reaktionsfreudige Metall Magnesium ist kein schnöder Einzelgänger, denn es kommt in der Natur nur in molekular gebundener Form vor, so in Silikaten, Sulfaten, Chloriden oder Carbonaten. Etwa zwei Billionen Tonnen dieses Leichtmetalls vagabundieren als Magnesiumsalz in den Weltmeeren herum. Als zweithäufiges Erdalkalimetall beteiligt sich Magnesium mit 2,8% an der Masse der Erdkrusten, ist im Weltall als Materie mit etwa 0,06% vertreten und selbst wir führen in unserem Körper 0,05% Mg mit uns spazieren.

Wieso machte sich Magnesium vom Acker?

Jahr für Jahr gießt die industrielle Landwirtschaft ihr Füllhorn an synthetischen Düngemitteln in verschwenderischen Mengen auf die Ackerböden. Immer größere Ernten will man den Böden abtrotzen und Früchte und Gemüse optisch aufhübschen. Heute sind unsere Böden noch erschöpfter und noch Mineralstoff-ärmer als je zuvor. Diese Armut, vor allem an Magnesium sieht man einem rotwangigen Apfel oder einem knackigen Salatkopf nicht an. Die Fehldüngung setzt sich über den Magnesiumhunger der Böden hinweg. Mehr noch, es kommt zur Störung des fein abgestimmten natürlichen Mineralstoff-Gleichgewichtes der Böden. Eine gesunde und gleichmäßige Versorgung der Pflanze ist nicht mehr möglich. Gerade Kalium und Calcium, die reichlich im Kunstdünger vorkommen, blockieren die Magnesium-Aufnahme der Pflanzen.

Pflanzen entnehmen dem Boden Mineralien, also auch Magnesium in anorganischer Form. In einer Co-Produktion mit den Boden-Mikroorganismen und dem eigenen Enzymsystem verarbeiten sie diese Mineralsalze. Ihr Stoffwechsel wandelt sie biochemisch um. Kombiniert mit Kohlehydrate, Lipide und Proteine, werden sie Teile der lebenden Pflanze. Verzehrt der Mensch Pflanzen, nimmt er z.B. Magnesium in Ionenform auf.

Kurz das Mg-Arbeitsprofil im Körper

Ohne den Mikronährstoff Magnesium wäre unser Stoffwechsel ein saft- und kraftloser Zombie. Der Tausendsassa Magnesium aktiviert nahezu alle Energiestoffwechsel-Enzyme; es wirkt mit als Co-Enzym oder Co-Faktor bei über dreihundert Enzymen des Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsels. Damit ist seine Aufgabenpalette noch lange nicht erschöpft, sorgt es doch auch dafür, dass die Zellmembranen stabil und durchlässig bleiben und die Erregungsübertragung von Nerven auf die Muskulatur sowie die Muskelarbeiten funktionieren.

Überwiegend in den Zellen ist Mg zuhause. Insgesamt enthält der menschliche Körper so an die 25 Gramm dieses Elements; 50% davon lagern in den Knochen, wo es mit für einen stabilen Aufbau sorgt. Nur unwillig geben die Knochen Magnesium her, die ja dem Alleskönner einen Dauerwohnsitz gewähren. Mit zunehmendem Lebensalter sinkt der Knochengehalt um bis zu 70%, dies wegen unzureichender Mg-Zufuhr, Medikamenten-Einnahme und chronischen Krankheiten wie Diabetes. Etwa 40% Mg finden sich im Gewebe und nur etwa ein Prozent enthält der Extra-Zellulär-Raum (Blut, Gehirnflüssigkeit, Magen-Darm-Sekret, Galle, Speichel).

Ohne Magnesium verabschiedet sich das Leben

Der gute Geist in unserem Körper durchzieht alle Körperzellen. Stellen wir uns einmal vor, es gäbe diesen Schutzpatron Magnesium nicht! Was würde uns ohne ihn blühen? Unser Körper wäre außerstande Proteine zu bilden, das Nervensystem bräche zusammen, es gäbe keine Muskelentspannung mehr, die Blutgefäße würden immer enger, das Blut sogar verklumpen. Die Folge: es käme zu Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfall. Dem Krebs würden alle Türen geöffnet. Geröllhalden von Nierensteinen würden sich anhäufen. Schnell würden wir schon in der Jugend schlappe und zahnlose Schrumpel-Greise. Ohne Magnesium wäre ein Leben unmöglich! Indes kann selbst ein Mg-Mangel verheerend sein.

Dazu sei eine kleine Familien-Anekdote eingestreut. Erstmals führte mir dieses Ereignis vor Jahren eindringlich vor Augen, wie wichtig Magnesium für UNS alle ist. Vor Jahrzehnten hatte sich eine Tante aus der buckligen Verwandtschaft ihre Krampfadern veröden lassen. Diese verschwanden zwar, aber die offene Wunde blieb hartnäckig über Jahre. Nichts half. Ständig lief Tantchen beinumwickelt umher. Eines Tages empfahlen wir ihr ein Magnesium-Präparat, und siehe da, die permanente Wunde schloss sich endlich.

Übrigens glich die Hausapotheke unserer herzschwachen Tante eher einem Medikamenten-Basar. Und jetzt kommt's: Als wir ihr dann noch empfahlen, fast alles Arzneizeug in den Orkus zu schmeißen, besserte sich, oh Wunder auch ihr „Medikamenten-verwöhntes“ Herz. Zurückblickend sehe ich folgenden Zusammenhang: Auch am Herzen kann ein Magnesium-Mangel Symptome einer Herzschwäche, also eine Herzinsuffizienz, einen beschleunigten Herzschlag, Herzrasen, also Tachycardie und andere Herzrhythmusstörungen auslösen.

Das ausgewogene Match zwischen Magnesium und Calcium

Da gibt es zwei merkwürdige Sportsfreunde in unserem Körper. Sie pflegen eine Art Hassliebe. Unser Organismus kann Magnesium nur dann optimal aufnehmen, wenn es in einem bestimmten Verhältnis zu Calcium steht, nämlich zu zwei Teilen Calcium zu einem Teil Magnesium. Diese Erdalkalimetalle wirken zwar im Körper gegensätzlich, das schließt aber ein harmonisches Zusammenspiel nicht aus. So kann ein Magnesiummangel – trotz ausreichender Calciumversorgung – einen Calciummangel nach sich ziehen. Magnesium hilft bei der Regulation der Erregbarkeit der Zellen, indem es stabilisierend und erregungsdämpfend einwirkt. Es sorgt dafür, dass sich die Muskelzellen nach dem Zusammenziehen wieder rasch entspannen können, während Calcium dafür sorgt, dass sich die Muskeln anspannen können. Calcium-Mangel-Symptome klingen dann erst dauerhaft ab, wenn zusätzlich oder ausschließlich Magnesium verabreicht wird. Das lässt sich ganz einfach damit erklären, dass die Aufnahme von Calcium nur in Gegenwart von Magnesium möglich ist.

Magnesium-arme Ernährung

Unser Körper kann das essenzielle Mineral Mg nicht selbst bilden und ist auf die Zufuhr von außen angewiesen. Kaum zu glauben, aber selbst eine proteinreiche Ernährung mit viel Fleisch, Fisch, Eiern und Milch mindert drastisch die Magnesium-Aufnahme. Das Calcium-Magnesium-Verhältnis sollte für eine perfekte Magnesium-Absorption 2:1 betragen. Durch Protein-lastige Ernährungsweise verschiebt sich das Verhältnis zugunsten von Calcium. Magnesium kann so vom Organismus entsprechend weniger genutzt werden. Das Calcium-Magnesium-Verhältnis in der Milch liegt bei 10:1, in Emmentaler sogar bei 30:1. Milchprodukte sind daher für all jene ungeeignet, die auf eine ausgewogene Mineralstoffversorgung Wert legen. Osteoporose-Patienten sei anzuraten, ihren Magnesiumspiegel zu erhöhen und Milchprodukte möglichst zu meiden. Die Aussage, Milch ist gut für die Knochen, bekommt da ein gewisses Geschmäckle. Fest steht aber: Magnesium ist der Mineralstoff, mit dem die Bevölkerung am häufigsten unterversorgt ist.

In welcher Form kann man Magnesium dem Körper anbieten?

Das einfachste Magnesium-Salz und zudem dasjenige mit dem höchsten Magnesium-Gehalt ist Magnesium-Oxid. Verglichen mit organischen Magnesium-Verbindungen, die um die 10% Magnesium enthalten, liegt der Magnesium-Anteil im Oxid mit rund 60% bedeutend höher. Der Vorteil: Man kann das preiswerte Magnesium-Oxid in Tabletten pressen. Aber was passiert mit dem oral aufgenommenen Magnesium-Oxid? Durch die Magensäure bildet sich Magnesium-Chlorid, es kommt zur Säureneutralisierung. Man muss sich bei dieser Nahrungsergänzung fragen, ob man bewußt beabsichtigt, gleichzeitig die pH-Verhältnisse im Magen in den basischen Bereich zu verschieben. Magnesiumchlorid kann man auch in konzentrierter Lösung auf die Haut auftragen, oder gleich einen „gesalzenen“ Urlaub am/im Toten Meer verbringen.

Antibiotika und zuckerreiche Ernährung schädigen die Darmflora: Pilze wie Candida albicans gedeihen prächtig. Mehr als 180 verschiedene Gift produzieren diese Pilz-Fieslinge. Sie hemmen die Aufnahme von Magnesium und anderen Mineralstoffen. Wer reine Calcium-Präparate als Nahrungsergänzungsmittel einnimmt oder viele Calcium-reiche Lebensmittel verspeist, etwa Milchprodukte, sorgt für ein vermehrtes Ausscheiden von Magnesium mit allen Folgen eines Magnesiummangels. Anderseits gibt es spezielle außerordentlich magnesiumreiche Lebensmittel wie Amaranth, Quinoa, Kürbiskerne und Mandeln. Eine gewisse Sorgfalt bei der Auswahl von Nahrungsergänzungsmitteln ist angebracht. Vorsicht bei Monopräparaten, also Magnesium als Einzelsubstanz in Brausetabletten. Besser ist es, wenn es sich um organische und somit leicht verwertbare Mineralstoffkomplexe handelt, in denen das Magnesium natürlich verbunden ist mit anderen Mineralstoffen und Spurenelementen. Es ist auch sinnvoll, die Gesamtdosis in mehrere Portionen aufzuteilen und diese über den Tag verteilt einzunehmen.

Dosierung von Magnesium-Präparaten

Anhaltspunkt: eine Tagesdosis von 300 mg (Arzneiverordnungsreport 1995). Aufgepasst: Bei der Mengenangabe muß man zwischen der Gewichtsangabe des Gesamtsalzes und dem tatsächlichen Magnesium-Gehalt unterscheiden. Verwirrung stiften unterschiedliche Meßsysteme. Beispiel: Ein Magnesiumgehalt von 300 mg entspricht 12 mmol oder 24 mval. Überdosieren kommt praktisch nicht vor. Die nicht benötigte Menge übernimmt einfach der Urin. Gelegentlich kommt es bei der oralen Magnesium-Therapie zu unerwünschten Stühlen mit „weichem Sitzkissen“.

Magnesium im Zusammenspiel mit einigen Vitaminen

Fast jeder ist bemüht bei Grippegefahr soviel Vitamin C in sich rein zu werfen, wie Vitaminpillen, Obst und Gemüse hergeben. Dabei verkommt das Vitamin C zu einem Nichts, wenn ihm nicht gleichzeitig Magnesium zur Seite steht. Magnesium vermag auch Vitamin D in Vitamin D3 umzuwandeln. Dieses benötigt der Darm für die Calcium-Aufnahme. Das ist auch der Grund dafür, warum eine Nahrungsergänzung mit Magnesium die Osteoporose bei älteren Menschen stoppen kann.

Magnesium im Verwertungszentrum des Körpers

Mineralsalze müssen im Verdauungsprozess erst mühsam in Chelate umgewandelt werden. Das sind stabile, ringförmige Verbindungen von Metallen mit organischen Verbindungen. Darin ist uns die Pflanzenchemie eben überlegen. Für uns sind Mineralien ja nur bioverfügbar, wenn sie zum Transport in die Zellen und Gewebe an Trägerstoffen gebunden sind, etwa an Aminosäuren. Als Mineralform werden dargeboten: metallisch, chelatiert oder kolloidal.

Tatort der Magnesium-Aufnahme ist der Dünndarm. Es ist anzunehmen, dass alle Magnesium-Verbindungen unabhängig davon, ob sie aus wässrigen Lösungen oder aus magensaftlöslichen Präparaten stammen, während der Passage durch den Magen-Darmtrakt ihre Identität verlieren, also ihren Bezug zum jeweiligen Anion: Sie zerfallen in das ionisierte Magnesium und das negativ geladene Anion.

Übrigens, wussten Sie, dass...

  • sich nach Einnahme von Magnesium die Symptome von Fibromyalgie und dem chronischen Müdigkeitssyndrom signifikant verbessern?

  • Magnesium den Körper vor den Gefahren, die von giftigen Metallen wie Quecksilber, Blei und Cadmium ausgehen, schützen kann?

  • Magnesium das Aluminium daran hindern kann, ins Gehirn einzudringen?

  • sowohl bei der Parkinson-Krankheit und auch bei manch anderen neurologischen Erkrankungen ein erhöhter Aluminium-Gehalt im Gehirn und gleichzeitig ein extremer Magnesium-Mangel festgestellt wurde?

  • Calcium bei älteren Menschen die Verkalkung der Blutgefäße und Steifheit der Gelenke fördert, während Magnesium gerade das Gegenteil bewirkt?

  • ein niedriger Magnesiumspiegel Osteoporose verursachen kann und Diabetes begünstigt? Und hätten Sie gedacht, dass es Magnesiummangel ist, der zu kariösen Zähnen, zu Unfruchtbarkeit, Impotenz und Bluthochdruck führen kann?

Wie reagieren die Zellen mit Magnesium?

Magnesium ist als Elektrolyt ein wichtiger Bestandteil des Zellstoffwechsels. Im Körper bindet Magnesium an Moleküle wie Nukleotide, also an ATP, DNA, RNA, Proteine (Enzyme) und niedermolekulare Verbindungen wie organische Säuren. Dadurch entfaltet es seine biochemische und physiologische Wirkung. Das meiste davon ist also an Enzyme gebunden, insbesondere an Adenosintriphosphat, kurz ATP, dem wichtigsten Überträger freier Energie in biologischen Systemen. Viele dieser Moleküle triggern den Stoffwechsel und erhalten durch Magnesium ihre Regulationsfähigkeiten. Biochemisch ist Magnesium unter anderem notwendig für Energietransfer, Calcium-Antagonismus, Molekül-Stabilität und Stoffwechselregulation.

Allein etwa 60% seiner Grundumsatzenergie wendet der Körper dafür auf, um seine Zellmembranen zu schützen, etwa durch Protein- und Lipidbiosynthese sowie Transportleistungen an Ionenkanälen.

Magnesium: Mitgestalter der Lebenssymphonie


Der riesige Konzertsaal unseres Körpers bietet Platz für über 60 Billionen Zellen. Jeder in diesem Konzertsaal ist mit Jedem innig verbunden. Mit dem Paukenschlag der Geburt beginnt das Leben. Darin sind die Enzyme die heimlichen Komponisten unserer Lebenssymphonie. Vitamine dirigieren aus der Partitur der Enzyme ein geniales Orchester-Ensemble.

Viele Instrumente bestehen aus Magnesium-Verbindungen, aus Flavonoiden, Hormonen und Spurenelementen. 
Die Opernaufführung dauert präzise eine Lebensspanne. Danach wird es still. Die Zellen gehen heim, die letzte von ihnen löscht das Lebenslicht im Konzertsaal. Übrig bleiben die elementaren Instrumente, auch das Magnesium. Erneut bringt sich das umtriebige Element als Mitspieler in einen weiteren Lebenslauf ein – vielleicht in der einer Pflanze.

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