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Die Neue Weltordnung 3.0 – Beginnt mit Trump eine neue Ära?

Von Peter Orzechowski  

Glaubt man seinen Ankündigungen, dann wird der frisch vereidigte US-Präsident Donald Trump die bisherige Weltordnung umkrempeln. Aber woran erkennen wir, dass dieser Neustart auch wirklich geschieht? Dazu müssen wir uns die bisherige Ausrichtung der US-Geopolitik ansehen und dann prüfen, ob und wie die neue US-Regierung von der bisherigen Linie abweicht.

Die sechs wichtigsten Politikfelder, in denen man festmachen kann, ob Trump tatsächlich einen Neustart wagt, möchte ich in einer Artikelreihe hier vorstellen. Diese Felder sind:

  • USA als einzige Weltmacht – Hält Trump an der Hegemonie Amerikas fest?

  • Chaos als Ordnungsprinzip – Stoppt Trump die Destabilisierung ganzer Länder durch US-gesteuerte Anschläge und Migrationswellen?

  • Der Feind aus Moskau – Reicht Trump Putin die Hand und beendet die amerikanische Aufrüstung?

  • Die Zerstörung des Nahmittelostens – Kann Trump die zerstörten muslimischen Länder in den Frieden entlassen?

  • Die Militarisierung Afrikas – Löst Trump die US-Stützpunkte in Afrika auf und zieht seine auf dem Kontinent verstreuten Truppen zurück?

  • Die Rückeroberung Südamerikas – Beendet Trump die unter Obama mit Nachdruck betriebene Gegenrevolution gegen die linken Regierungen? 

USA – der Welt-Hegemon

Beginnen wir unsere Analyse mit der bisherigen US-Außenpolitik und ihren globalen Zielen. Bisher verstehen sich die USA als „einzige Weltmacht“, wie die graue Eminenz der Geopolitik, Zbigniew Breszinski, bereits vor 20 Jahren in seinem Bestseller mit dem gleichen Titel schrieb.

Der amerikanische Literaturwissenschaftler Michael Hardt und der italienische Politikprofessor Antonio Negri gingen im Jahr 2000 mit dem Buch „Empire – Die neue Weltordnung“ noch weiter. Nach Ansicht der beiden Professoren zerstöre der Weltmarkt die Grenzen der Nationalstaaten und auf lange Sicht nationale Produkte und Technologien. Interessant ist, wie die beiden Autoren das Vorgehen des US-Empire beschreiben: „Moralische Intervention dient häufig als erster Akt, um die Bühne für militärische Interventionen vorzubereiten. In solchen Fällen wird der Militäreinsatz als international gebilligte Polizeiaktion dargestellt. Militärinterventionen sind heute immer seltener auf Entscheidungen innerhalb der alten internationalen Ordnung oder sogar von UN-Strukturen zurückzuführen. Häufig werden sie einseitig von den USA diktiert.“

Diese würden dann ihre Verbündeten um Mitwirkung bitten. „Die Feinde werden meist Terroristen genannt, eine terminologische und konzeptionelle Verkürzung, die einer Polizeimentalität entspringt.“ Konflikte zwischen ethnischen Gruppen eignen sich für diese Vorgehensweise besonders, meinen Hardt und Negri. Sie „stellen, indem sie neue Identitäten und neue Orte schaffen, der Kontrolle ein besser formbares Material zur Verfügung“. Die neuen territorialen und politischen Formationen entsprächen dann viel eher der Konstitution des Empire. (S. 51)

Im Übrigen besitze „das imperiale Kommando… drei globale und unumschränkte Instrumente: die Atombombe, das Geld und den Äther“. (S.353) Unter Äther verstehen Hardt und Negri die „Beherrschung der Kommunikation“. (S. 354)

Die wichtigste Rolle spielen die Nichtregierungsorganisationen (NGO). Gerade weil NGOs nicht direkt einer Regierung unterstehen, wird unterstellt, dass sie auf der Grundlage ethischer oder moralischer Prinzipien handeln… Solche humanitären NGOs gehören… zu den machtvollsten friedlichen Mitteln der neuen Weltordnung.“ (S. 50)

Das alles hatten Hardt und Negri bereits vor 17 Jahren erkannt. Sie lassen auch keine Zweifel daran, wer der Herrscher des neuen Empire ist: „Im Gefolge des Kalten Krieges ‚fiel‘ den Amerikanern die Verantwortung, eine internationale Polizeifunktion auszuüben, unmittelbar zu. Im Golfkrieg (Januar/Februar 1991 gegen Saddam Hussein wegen Kuwait, Anm. d. Verf.) konnten die USA diese Macht erstmals in voller Form ausüben.“

Die USA hätten hier als Weltpolizist nicht im Sinne des Imperialismus, sondern im Interesse des Empire gehandelt. „In dieser Hinsicht kündete der Golfkrieg in der Tat, wie George Bush (Senior, Anm. d. Verf.) behauptete, von der Heraufkunft einer neuen Weltordnung.“ (S. 192) Seit dem 11. September 2001 bestehe ein „weltweiter Kriegszustand“, ein „permanenter Ausnahmezustand“, der die neue Weltordnung – das „Empire“ – einläute.

Die Strategie des globalen Krieges

Das Motiv hinter dem weltweiten Kriegszustand ist, wie Michael Klare, der mehrere Studien über Ressourcenkriege verfasst hat, im Mai 2003 sagte, eine doppelte: „die Versorgung mit größeren Mengen Öl aus anderen Teilen der Welt sicherzustellen“ und „Amerika noch mehr zu befähigen, in genau diesen Regionen zu intervenieren“ (zitiert von Engdahl: „Mit der Ölwaffe zu Weltmacht“, S. 397). Klare schließt: „Diese beiden Strategieaspekte verschmelzen zu einem einzelnen integrierten Entwurf für eine amerikanische Weltherrschaft im 21. Jahrhundert.“ 

Die Strategie auf dem Weg zur Weltherrschaft beschreibt die Recherche- Webseite Investigative Reporting Workshop der American University in Washington im September 2015: „Heute gibt es US-Stützpunkte in etwa 80 Ländern und US-Überseegebieten, das sind etwa doppelt so viele wie 1989.“ Unter dem Titel „Die Lilypad-Strategie“ zählt die Studie zur neuen Ausrichtung der US-Streitkräfte allein in Afrika mehr als 20 US-Stützpunkte in Regionen mit islamistischem Terrorismus auf, von Burkina Faso über Kenia bis nach Djibouti. Die USA, so lautet das Fazit der Studie, wollen als letzte verbliebene Weltmacht ihren globalen Einfluss aufrechterhalten und die neuen Konfliktzonen selbst in den entlegensten Ecken kontrollieren können.

Die Lilypad-Strategie“ hat US-Generalstabchef Martin Dempsey – ebenfalls im September 2015 – auf einem Flug nach Europa Journalisten mit blumigen Worten geschildert. Wie Frösche auf dem Gartenteich könnten US-Soldaten von einem Seerosenblatt zum nächsten hüpfen. Auf diese Weise könnten Spezialeinsatzkräfte flexibel und schnell auf die Lage an den Brennpunkten reagieren – zum Beispiel durch die Entsendung von Militärberatern, die Abordnung von Kommandoeinheiten oder durch den Start von Aufklärungs- oder Kampfdrohnen.

Anstatt riesiger Kasernenstädte in Europa sollen diese sogenannten Seerosenblätter (englisch: „Lilypads“) näher an die Konfliktregionen heranrücken. Im Gegensatz zu den bisher genutzten Einrichtungen sind die neuen Basen unauffällige, kleine Militärstützpunkte. Sie sind nur mit dem Nötigsten ausgestattet und müssen weitgehend auf sich allein gestellt agieren. Diese spartanisch eingerichteten Basen sind im Aufbau und Unterhalt deutlich billiger als die früheren Großanlagen. Zudem bleiben die neuen Stützpunkte für die breite Öffentlichkeit unter dem Radar. Damit entgeht die US-Armee nicht nur Protesten von Anwohnern. Weil anonyme Basen nur wenig symbolisches Gewicht ausstrahlen, dürfte auch die Anschlagsgefahr vor Ort deutlich sinken. 

Militärstrategen verweisen darauf, dass sich die US-Army in eine Art Expeditionskorps wandelt, flexibel aufgestellt und mit vielen Stützpunkten in allen Winkeln der Welt. „Ihr geheimes Wesen macht das Zählen schwierig, aber das Pentagon dürfte seit der Jahrtausendwende mehr als 50 'Lilypads' oder andere kleine Basen errichtet haben“, schätzt der US-Militärexperte David Vine von der American University.

Den wenigsten US-Bürgern dürfte klar sein, dass wir vermutlich mehr Stützpunkte in fremden Ländern haben als jedes andere Volk, jede andere Nation oder Weltreich in der Geschichte“, schreibt Vine. Der Autor beziffert die Gesamtzahl der US-Basen in seinem 2015 erschienenen Buch „Base Nation“ auf etwa 800 Stützpunkte in aller Welt, von den riesigen US-Standorten in Deutschland oder Japan bis zu kleinen Radarstationen in Peru oder Puerto Rico.

Die offiziellen Zahlen des Pentagon vom 7. Mai 2014 dazu lauten: „Gegenwärtig sind US-Militärs in ungefähr 100 Ländern präsent. Weltweit sind das etwa 400.000 Mann…“

Zwingend notwendig ist diese weltweite militärische Präsenz auch wegen einer neuen Strategie des Pentagon: „Das US Militär muss in der Lage sein, innerhalb von einer Stunde einen präzisen Angriff mit konventionellen Waffen irgendwo in der Welt durchzuführen.“ General James Cartwright vom US Marine-Korps stellte diese Forderung im April 2010 auf. Dieser „Prompt Global Strike“ (PGS) soll auf drei Wegen erfolgen: Durch Interkontinentalraketen mit konventioneller Bestückung – abgefeuert von Raketenbasen oder U-Booten; durch Hyperschall Cruise Missiles, die von Bombern aus gestartet werden, und durch weltraumgestützte Laser- Waffen. Wenige Tage nach Cartwrights Forderung erklärte der damalige Verteidigungsminister Robert Gates, die USA hätten bereits jetzt (2010) die Fähigkeit zum sofortigen globalen Angriff.

Beendet Trump den US-Interventionismus?

In seinen Wahlkampfreden hat der frisch vereidigte US-Präsident wiederholt gesagt, er werde das Konzept der weltweiten Interventionen nicht weiter fortführen. Wird er Truppen aus Übersee zurückholen? Wird er Militärbasen in anderen Kontinenten schließen? Wenn er das tatsächlich umsetzt, wird er auf harten Widerstand der US-Geheimdienste und einiger einflussreicher Militärs stoßen. Allerdings: Die „Lilypad-Strategie“ böte hier eine wunderbare False-Flag-Möglichkeit: Die US-Army könnte mit viel Fanfare große Stützpunkte in anderen Ländern auflösen, aber – ohne Beachtung der Weltöffentlichkeit – ihre vielen kleinen Seerosenblätter weiter ausbauen.

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