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Bayuwarischer Ablass-Handel: Gribowsky sitzt – Ecclestone grinst!

Von Hubert von Brunn

Juristischer Rabulistik mag das Ecclestone-Urteil von München wohl standhalten. Richter Peter Noll, der den 75-Mio.-Euro-Deal beschlossen und verkündet hat, wird man also kaum etwas vorwerfen können, wofür er sich womöglich vor einem anderen Richter zu verantworten hätte. Dem „gesunden Volksempfinden“ (falls man dieses Wort überhaupt noch aussprechen darf) geht dieses Schacher-Urteil allerdings total  gegen den Strich. Was hängen bleibt, ist der Eindruck: Du musst nur genügend Kohle haben, dann kannst du dich freikaufen, und der Knast bleibt dir erspart.

Betrachtet man sich diesen bayuwarischen Kuhhandel einmal etwas genauer – die vordergründigen Facts sind hinreichend bekannt – stößt man unweigerlich auf zwei Aspekte, die in der Berichterstattung bisher sorgsam ausgespart wurden, die jedoch sehr zu denken geben.

Dem 75-Mio.-Euro-Ablass gegenüber standen ja immerhin bis zu zehn Jahre Haft. Diese Option hätte Mr. E. ganz bestimmt nicht gefallen, selbst wenn er einen Teil dieser Zeit mit Kumpel Uli in der JVA Landsberg/Lech hätte absitzen können. Dazu wäre es im Falle einer Verurteilung aber vermutlich nie gekommen. Zwischen Urteilsverkündung und Haftantritt vergehen – wie wir alle spätestens mit dem Casus Uli H. gelernt haben – Wochen, wenn nicht Monate. Diese Zeit hätte der milliardenschwere Formel1-Gnom wohl kaum in München verbracht, so sehr er die bayerische Landeshauptstadt nach eigenem Bekunden auch liebt.

Vielmehr hätte er sich in sein „bescheidenes“ Heim in London zurückgezogen und seelenruhig auf das amtliche Schreiben aus Deutschland gewartet, das ihn auffordert, sich zu diesem Zeitpunkt vor den Toren jener JVA einzufinden. Bernies Lachen über dieses Schreiben wäre wohl noch diesseits des Ärmelkanals zu hören gewesen.

Bernies Geld ist uns lieber als Ärger mit den Briten

In München wiederum hätte man das gar nicht so lustig gefunden, denn dem Landgericht wäre nichts anderes übrig geblieben, als einen formellen Auslieferungsantrag an die zuständige Behörde in England zu schicken. Glaubt ein Mensch ernsthaft, die bayerische Justiz hätte auch nur eine Sekunde mit dem Gedanken gespielt, sich mit der Verhängung einer Gefängnisstrafe für Mr. E. derart ins Fettnäpfchen zu setzen, womöglich ernsthafte diplomatische Verwicklungen zwischen befreundeten Europa-Ländern und NATO-Partnern zu provozieren? – No way! Diese Option stand für das Münchner Gericht nach meinem Dafürhalten nie ernsthaft zur Debatte. Um nicht ganz blöd auszusehen, musste man halt nur die Ablass-Summe ordentlich hoch ansetzen. Von den ursprünglich angedachte 100 Mio. € hat man sich dann noch auf 100 Mio. $ herunterhandeln lassen – aber das ist ja normal, wenn man schachert. So wahrt jede Seite ihr Gesicht, und Ecclestone, der, wie er in einem Zeitungsinterview bekundete, das kapitalistische System gut findet, juckt es sowieso nicht, ob er nun 75 Mio. oder 100 Mio. € rüberschiebt. Derartige Bagatell-Beträge nimmt der Multimilliardär ohne mit der Wimper zu zucken aus der Portokasse.

Das Gribowsky-Urteil schreit nach Revision

Die zweite Sache, die dem kritischen Beobachter dieses Ablass-Handels aufstößt, ist das Verdikt gegen Bernies Gegenspieler Gerhard Gribowsky. Die nämliche Strafkammer, die Mr. E. jetzt den etwas teureren Freifahrtschein  verschafft hat, hatte denn Ex-Vorstand der BayernLB vor zwei Jahren u.a. wegen Bestechlichkeit zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Lassen wir mal beiseite, dass Gribowsky als Freigänger mit festem Job beim Bauriesen „Strabag“ inklusive Handy, Laptop und Audi A 4 gewissermaßen ein Luxus-Knastleben führt, muss man sich angesichts des Ecclestone-Deals doch fragen, wieso man dem Mann achteinhalb Jahre aufgebrummt hat. Wenn es angeblich keinen gibt, der bestochen hat (Ecclestone), dann kann es – mit gesundem Menschenverstand betrachtet – auch keinen geben, der bestochen wurde (Gribowsky). Dann hat der Formel1-Gnom dem Ex-Banker die knapp 33 Mio. € damals halt geschenkt. Einfach so, weil er ein gute Mensch ist, und der Gerhard ihm sympathisch war. Nach der Logik von halbwegs vernunftbegabten Menschen, die in der Lage sind, 1 + 1 zusammenzuzählen, kann das Urteil gegen Gribowsky nur als Justizirrtum gewertet werden, gegen das seine Anwälte nunmehr umgehend Revision einlegen müssten. Vielleicht sind sie ja schon dabei, einen entsprechenden Antrag vorzubereiten. Vielleicht steht in diesem Falle aber auch die juristische Rabulistik im Weg, denn wir alle wissen ja: Vor Gericht und auf hoher See…!  

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